Planeteers bringt CO2 aus der Luft ins Meer
Das Hamburger Startup Planeteers fängt CO2 dort auf, wo es in großer Menge entsteht und bindet es für lange Zeit in Meerwasser. Für diesen Beitrag zum Klimaschutz gab es 2024 eine millionenschwere Finanzierungsrunde und einen prestigeträchtigen Gründerpreis.
Vom Wissenschaftler zum Unternehmer der Familie wegen
Zusammen bringen es die Gründer von Planeteers auf neun Kinder. Ihnen eine sichere Zukunft zu ermöglichen, ist sicherlich eines der Motive, das sie immer wieder antreibt. Florian Brinkmann hat sich beispielsweise dafür im Laufe seiner Karriere quasi neu erfunden und wurde vom Wissenschaftler zum Unternehmer. Als Geologe verbrachte er zwei Jahre in Neuseeland auf einem Forschungsschiff, schon damals beschäftigt mit dem Klimawandel. Anschließend arbeitete er mehr als sieben Jahre für die Deutsche Erdöl AG (DEA), unter anderem an einem Projekt zur Speicherung von Kohlendioxid, sowie im zentralasiatischen Turkmenistan.
Für das Land hatte seine Frau, die er in Neuseeland kennengelernt hatte, kein Visum bekommen. Brinkmann begann ein betriebswirtschaftliches Studium an der WHU – Otto Beisheim School of Management, um sich selbständig zu machen und statt in der Welt herumzureisen in seiner Heimat Hamburg bleiben zu können. 2017 schloss er ab und gehörte 2018 zu den Gründern von VIMATO. Das Startup, das sich mit Influencer-Marketing beschäftigte, gehörte zu den ersten, die eine Förderung durch das InnoFounder-Programm der IFB Innovationsstarter GmbH erhalten haben. Auf Dauer durchgesetzt hat es sich genauso wenig, wie zwei weitere Startup-Projekte Brinkmanns, doch die Erfahrungen aus der Zeit waren für ihn trotzdem wertvoll.
Viele Wege führten zu Planeteers
Mehr Glück mit seiner ersten Gründung hatte Florian Birner. Die meevo Healthcare GmbH und ihre Marke craftsoles für orthopädische Einlagen gibt es bis heute. Er hat ebenfalls ein Studium an der WHU absolviert, wo er seinen Namensvetter kennengelernt hat. Zuvor hatte der Diplom-Elektrotechniker für Bosch und Linde gearbeitet. Dort betreute er den Bau von Großanlagen, deren Wert in die Milliarden geht, und das weltweit. Eine Expertise, die ihm bei Planeteers zugutekommt.
Die Geschichte des Diplom-Wirtschaftsingenieurs Frank Rattay weist einige Parallelen zu denen der beiden anderen auf. Auch er war viele Jahre für große Unternehmen tätig, mit dem Fokus auf Mobilität. Zehn Jahre arbeitete er für die Unternehmensberatung Kearney für Kunden aus der Automobilbranche, zwölf für Airbus in Führungspositionen. Auch er strebte irgendwann die Selbständigkeit an und hatte mit seiner ersten Gründung infresh und einer Maschine zur automatisierten Zubereitung von Mahlzeiten nicht den erhofften Durchbruch. Wegweisender war da rückwirkend betrachtet ein Elternabend, auf dem er Florian Brinkmann kennenlernte.
Ein natürlicher Prozess als Arbeitsgrundlage
Als einziger aus dem Gründungsquartett von Planeteers bringt Prof. Dr. Jens Harmann keine unternehmerische Erfahrung mit, dafür umso mehr wissenschaftliches Know-how. Er lehrt an der Universität Hamburg unter anderen Aquatische Geochemie, ideal für die Ideen und Pläne der anderen drei Gründer. Erstmals trafen sich die vier auf einen Kaffee im Sommer 2022 im Hamburger Grindelviertel, die offizielle Gründung von Planeteers erfolgte dann im Dezember.
Bei seinem Beitrag gegen den Klimawandel und zur Reduzierung von CO2-Emissionen orientiert sich das Startup an einem natürlichen Vorgang, der Kalksteinverwitterung. Dabei reagiert atmosphärisches CO2 mit Regenwasser (H2O) zu Kohlensäure (H2CO3), der Kalkstein (CaCO3) an der Erdoberfläche zersetzt. Es bildet sich Bikarbonat (HCO3-). Flüsse transportieren es in die Ozeane, die das größte Kohlenstoffreservoir auf unserem Planeten darstellen, wo es weit über 10.000 Jahre gespeichert wird. Diese Reaktion läuft in der Natur ständig, überall und in großem Maßstab ab. Der einzige Haken: Dieser Prozess dauert sehr lange, er streckt sich über einen Zeitraum von mehreren tausend Jahren.
Standesgemäßer Start in einem Hinterhof
So ist das selbstverständlich keine Option für den Kampf gegen die Erderwärmung. Die Herausforderung bestand also darin, den Prozess auf wenige Minuten zu verkürzen. Die Technologie dafür war grundsätzlich vorhanden, sie musste nur heraus der akademischen und hinein in die Startup-Welt. Das Grundprinzip besteht darin, den Kalkstein zu pulverisieren und somit wesentlich mehr Oberfläche für die chemische Reaktion zu schaffen. Erste Versuche mit einem Laborreaktor im Keller erwiesen sich als erfolgreich. Nun stand etwas auf der Agenda, was bei Startups immer gefragt ist: Skalierung.
Dafür baute das Team in einer Hinterhofgarage im Stadtteil Eimsbüttel eine Anlage, deren Kapazität für größere Mengen gebundenes CO2 geeignet ist und dabei in einen handelsüblichen Container passt. Am Anfang stand eine detaillierte Betriebsplanung mit passenden Konstruktionszeichnungen, dann wurden die einzelnen notwendigen Bauteile definiert. 80 % davon sind auf dem freien Markt erhältlich, 20 % sind als Eigenbau oder Weiterentwicklungen entstanden. Die Festlegung auf das Containerformat hat einen praktischen Grund: Die Anlagen sollen leicht transportabel sein, damit sie unmittelbar an den Orten aufgestellt werden können, wo größere Mengen CO2 entstehen, etwa an Kraftwerken und Fabriken.
2024 wurde für Planeteers zum Erfolgsjahr
Diese CO2-Emittenten müssen ihren Standort unmittelbar an einem Gewässer haben, idealerweise an einem Fluss. Dort wird das Wasser entnommen und mit Bikarbonat angereichert wieder zurückgeführt. Nun könnte man auf die Idee kommen, das so entstandene „Mineralwasser“ als solches auch zu verkaufen. Im Meer ist es aber wesentlich besser aufgehoben und verhindert zudem noch eine Übersäuerung, die schädlich für die Meeresfauna ist.
Das Jahr 2024 brachte für Planeteers den Durchbruch und eine Serie von Erfolgen. Der erste Prototyp mit einer Kapazität von 60 Tonnen CO2 pro Jahr bewies an einer Biogasanlage bereits seine Praxistauglichkeit. Auch finanziell ging es voran. Im Sommer kam in einer Seed-Finanzierungsrunde ein mittlerer siebenstelliger Betrag zusammen. Beteiligt waren unter anderem BonVenture, der Smart Energy Innovationsfonds der Energy 360° AG und ClimaNow. Große Medienaufmerksamkeit brachte im September die Verleihung des Hamburger Gründerpreises in der Kategorie „Existenzgründer“. Groß bewerben musste sich das Team dafür übrigens nicht. Es erhielt kurzfristig eine Einladung, pitchte an einem Vormittag und hatte abends bereits die Zusage.
Ein großer Beitrag zum Klimaschutz aus Hamburg
Die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft sind damit gestellt und die Ziele sind entsprechend ehrgeizig. Schon 2025 soll das nächste Reaktormodell mit einer Jahreskapazität von 1.000 Tonnen CO2 fertig und dann auch marktreif sein. Die Nachfrage ist definitiv vorhanden; Dekarbonisierung rechnet sich für Unternehmen unter anderem durch „Carbon Credits“, CO2-Gutschriften. Bis Mitte des Jahrhunderts möchte Planeteers eine Gigatonne CO2 pro Jahr binden, das sind eine Milliarde Tonnen. Zum Vergleich: Laut Statistischem Bundesamt lagen die weltweiten CO2-Emissionen 2023 bei 39 Gigatonnen.
Planeteers kann also allein das CO2-Problem nicht lösen, aber zumindest einen wichtigen Beitrag leisten. Das Team rund um die vier Gründer wünscht sich deshalb noch mehr Unternehmer:innen, welche die Chance ergreifen und Klimaschutz mit wirtschaftlichen Erfolg verbinden. Die Voraussetzungen dafür sind gegeben, nicht zuletzt in Hamburg mit seinem vielfältigen Startup-Ökosystem:
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