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2021 war das Rekordjahr für Startup-Finanzierungen in Deutschland, seither geht das Investitionsvolumen kontinuierlich zurück. Das bestätigt auch das EY Startup-Barometer für das 1. Halbjahr 2023, das gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum ein Minus von 49 %. Trotzdem gibt es nach wie vor Erfolgsgeschichten wie die von 1KOMMA5° aus Hamburg, das erst im Juni 215 Millionen Euro einsammeln konnte. Für Startups bestehen zudem in der Hansestadt zahlreiche Möglichkeiten, an das benötigte Kapital zu kommen. Dieser Beitrag bietet eine Übersicht

"Grundsätzlich ist weiterhin viel Kapital auf dem Markt für Startup-Finanzierungen, auch wenn die Höhe und Anzahl der Finanzierungsrunden global seit Mitte 2022 rückläufig sind. Es hat eine gewisse Konsolidierung stattgefunden. Investor:innen schauen nachvollziehbarer Weise wieder genauer hin, was ein Startup vorweisen kann."
Christoph Steckhan, Leiter Investors Network Hamburg

Der Blick auf die Ergebnisse des EY Startup-Barometer zeigt: Bei großen Finanzierungsrunden sind Investoren vorsichtiger geworden und vergeben das Kapital eher an etabliertere Startups. Startups in der Seed-Phase gehen eher den Weg der öffentlichen Förderung oder schließen kleinere Finanzierungsrunden ab. Bundesweit den Spitzenplatz bei den Geldquellen nahm im vergangenen Jahr der Rückgriff auf die eigenen Ersparnisse ein. Nach den Zahlen des Deutschen Startup Monitors 2022 nutzten rund 75 Prozent der befragten Gründer:innen ihr eigenes Guthaben für den Unternehmensstart. Staatliche Fördermittel standen an zweiter Stelle mit etwa 47 Prozent. Knapp ein Viertel zapfte die Reserven von Familienangehörigen und Freunden an. Strategische Investoren und Venture Capital nutzten rund 35 Prozent der Startups.

© The Closest Loop: das Gründungsduo Leonie Eißele und Niklas Heinzerling

Bootstrapping: Es geht auch ohne fremde Hilfe

Auch in der Hansestadt steht die Finanzierung aus eigenen Mitteln an erster Stelle. In Zeiten knapper Kassen auf dem Kapitalmarkt wird diese Finanzierungsform zunehmend geschätzt. Denn sie erspart viel Arbeitszeit, die für das Werben um die Gunst der Investoren nötig wäre. The Closest Loop hat sein Glück zwar einmal in der Startup Show „Die Höhle der Löwen“ versucht, aber auf einen Deal verzichtet. Es geht auch ohne. Das hat das Zweierteam mit seinen kompostierbaren Gurkenschwämmen bewiesen. „Unsere Investitionen lagen bislang immer unter 50.000 Euro“, bilanziert Gründer Niklas Heinzerling. Vorschüsse von Family and Friends sowie die eigenen Einkünfte aus Nebenjobs hätten dafür stets ausgereicht. Die aus Gurken hergestellten Küchenschwämme sind eine Alternative zu den üblichen Kunststoffschwämmen, die am Ende jede Menge Mikroplastik in die Umwelt entlassen.

Als klaren Vorteil beim Bootstrapping sieht Heinzerling die eigene Kontrolle über sein Unternehmen. Ein Nachteil aber liegt auf der Hand: Große Investitionen lassen sich mit der Strategie nur selten wuppen. Gründer:innen, die aufwendig forschen müssen, bevor sie ein Produkt oder Dienstleistung auf den Markt bringen können,  und Startups, die teure Hardware anschaffen müssen oder einen hohen Marketingbedarf haben, benötigen Fremdmittel.     

© DSM 2022

Hamburg bietet umfangreiche Förderungen

In Hamburg profitieren die Gründer:innen von dem umfangreichen Angebot an öffentlichen Förderungen, die die städtische Investitions- und Förderbank IFB offeriert. Das spiegelt sich auch im Startup Monitor wider. Während im Jahr 2022 auf Bundesebene nur 47 Prozent der Startups staatliche Förderungen in Anspruch genommen haben, waren dies in Hamburg 52 Prozent. Die IFB Hamburg hat mit ihren vier Förderprogrammen bereits über 300 Startups unterstützt.

  • InnoFounder: Aus diesem Topf werden Gründungsteams bis zu drei Personen bei ihren innovativen, insbesondere digitalen Vorhaben mit bis zu 75.000 Euro bezuschusst. Die maximale Förderungszeit beträgt 18 Monate. 

  • InnoRampUp ist ein Programm, mit dem technologisch innovative Startups aus allen Branchen gefördert werden, die jünger als zwei Jahre sind. Der maximale Zuschuss liegt bei 150.000 Euro pro Unternehmen.

  • InnoFinTech: Startups aus der Finanzbranche, die noch keine fünf Jahre bestehen, können mit bis zu 200.000 Euro bezuschusst werden. Finanziert werden bis zu 90 Prozent der förderfähigen Ausgaben. 

  • Innovationsstarter Fonds: Die IFB beteiligt sich an jungen, innovativen Unternehmen, die noch keine fünf Jahre alt sind, mit bis zu 1,5 Millionen Euro. Ein Exit wird innerhalb von drei bis acht Jahren angestrebt.

© PLAN3T: Christian Gärtner, Lukas Wehrhahn und Kaspar Wehrhahn, die Gründer von PLAN3T

Fokus auf Fintrech

So hat auch das Startup PLAN3T im vergangenen Herbst vom InnoFinTech-Programm der IFB profitiert.Die drei Gründer mit ihrem insgesamt achtköpfigen Team haben eine App entwickelt, mit der der nachhaltige Konsum gefördert werden soll. Nutzer:innen, die bei einem der 60 Partnerunternehmen einkaufen, erhalten Cashback-Coins, mit denen sie Klimaschutzprojekte unterstützen sollen.

"Gemeinsam mit unseren Partnern Handelskammer und Finanzplatz Hamburg haben wir uns mit dem Masterplan Finanzwirtschaft das Ziel gesetzt, junge Unternehmen aus den Bereichen FinTech, InsurTech, LegalTech oder PropTechs zu unterstützen und damit die Wertschöpfungs- und Arbeitsplatzpotentiale für den Standort Hamburg zu heben."
Dr. Andreas Dressel, Senator der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg

PLAN3T hat bereits in der Pre-Seed-Phase 750.000 Euro von Investoren eingefahren. Neben Venture Capital gehören dazu auch Beteiligungen von Business Angels, einer bei Startups beliebten Finanzquelle. In Hamburg nutzten im vergangenen Jahr 31 Prozent von ihnen die Unterstützung durch Geschäftsengel. Sie bieten nämlich mehr als nur Kapital. Als erfahrene Businessexpert:innen bringen sie auch ihre Kompetenzen in die Gründung mit ein. Hier findet ihr das Mitgliederverzeichnis des Bundesverbands Business Angels Deutschland (BAND). Zu beachten sind auch folgende Adressen:

Einen Tipp für Kapital suchende Startups verrät Reiner Schwenk:  

"Es empfiehlt sich, nicht alle potenziellen Kapitalgeber gleichzeitig anzusprechen. Vielmehr ist es ratsam, Erfahrungen aus den ersten Gesprächen und Terminen in die Unterlagen und Business Pläne einzuarbeiten und somit sicherzustellen, dass im weiteren Verlauf der Kapitalsuche keine offenen Punkte mehr existieren."
Reiner Schwenk, Leiter der Deloitte Corporate Finance Advisory Deutschland
© Fintico: die Gründer Jan Lettow und Dr. Michael Heuer

Acceleratoren und Familiy Offices

In Hamburg gibt es eine ganze Reihe von Förderprogrammen und Acceleratoren, vom foodlab über den Games Lift Inkubator bis zum AI.STARTUB.HUB. Die komplette Übersicht findet ihr hier. Ein besonders erfolgreiches Beispiel ist der Next Commerce Accelerator (NCA), der fachliche Unterstützung, ein sechsmonatiges Trainingsprogramm und Kapital zugleich bietet. Bis zu 150.000 Euro pro Startup können investiert werden. Eines davon ist das im vergangenen Jahr gegründete Fintech Fintico. Die beiden Gründer Jan Lettow und Michael Heuer basteln an einem digitalen Ratenkauf-Marktplatz und konnten damit den NCA für die Teilnahme an dessen elften Batch überzeugen. Der Nutzen des Projekts sieht so aus: Wer online einkauft, dem wird am Ende seiner Bestellung meist die Frage nach der gewünschten Zahlungsart gestellt, zum Beispiel Kreditkarte oder Paypal. An dieser Stelle will Fintico künftig die Option „Ratenkaufvergleich“ hinzufügen. Dort öffnet sich dann ein Fenster, in dem idealerweise mehrere Kreditinstitute mit unterschiedlichen Ratenkonditionen zur Auswahl stehen.

Eine wichtige Rolle bei der Startup-Finanzierung spielen Family Offices, die private Vermögen verwalten. Sie agieren eher im Verborgenen, zumal wenn sie sich nur eine einzige Familie kümmern. Es gibt aber auch Multi Family Offices, die mehrere Kunden bedienen und stärke Präsenz in der Öffentlichkeit zeigen. In Hamburg gehören dazu Tonn Family Office und Lennertz & Co.

© traceless materials: die Gründerinnen Johanna Baare und Anne Lamp

Erfolgsgeschichte traceless materials

Für große Investitionen kann es sich auch durchaus lohnen, bei einer Venture Capital Gesellschaft anzuklopfen. In Hamburg finden sich einige namhafte Kandidaten wie 20 Scoops Venture Capital, 11k Ventures oder Hanse Venture. Das Biotech-Startup traceless materials hatte bereits in seiner Seed-Investmentrunde Erfolg bei Planet A. Zusammen mit Beteiligungen des High-Tech Gründerfonds (HTGF) sowie der b.value AG kam vor zwei Jahren damit ein Startkapital von über einer Million Euro zustande. Die beiden Gründerinnen Anne Lamp und Johanna Baare haben ein Bio-Granulat aus Agrarabfällen entwickelt, mit dem erdölbasiertes Plastik ersetzt werden kann. Bei C&A in Altona hängen bereits die ersten Textilhalter aus dem voll kompostierbaren Werkstoff an den Stangen.

Doch bis es so weit kam, war noch mehr Geld erforderlich. traceless materials konnte sogar 2,42 Millionen Euro von der EIC Accelerator-Förderung der EU einfahren und nutzte nebenbei auch das Angebot des IFB InnorampUp.

"Eine hardwarebasierte und innovative Technologie wie traceless auf den Markt zu bringen, bedeutet hohe Investitionen - wir müssen schließlich Produktionsanlagen errichten! Daher mussten wir auch beim Thema Finanzierung von Beginn an groß denken."
Anne Lamp, Mitgründerin traceless materials

Zahlreiche Preise und Auszeichnungen konnte das Duo bereits verzeichnen, im vergangenen Jahr erst den Deutschen Gründerpreis. Doch ob es irgendwann an die Börse geht, bleibt der Fantasie überlassen. Überhaupt ist der IPO bei Startups weitgehend aus der Mode geraten. Das Hamburger Unternehmen Scalania will das bald ändern und aussichtsreiche Startups an die schwedische Börse bringen. Denn dort sei die Begeisterung der Aktionäre für neue Ideen größer als in Deutschland, so die Einschätzung der beiden Gründer Klaas Rackebrandt und Stefan Lundgren. Bereits im kommenden Herbst soll der erste IPO über die Bühne gehen. Vielleicht ein neuer Weg für Hamburger Startups, an frisches Kapital zu kommen und innovative Konzepte umzusetzen.

Es gibt also trotz vermeintlicher Finanzierungsflaute eine Vielzahl von Möglichkeiten für Hamburger Startups, um fachliche und finanzielle Unterstützung zu bekommen. Zum Schluss haben wir für euch noch ein paar Tipps, die euch bei der Investorensuche helfen:

  • Baut euch ein Netzwerk auf. Die besten Kontakte entstehen oft über Dritte, die euch weiterempfehlen.

  • Habt einen Elevator Pitch parat. In 30 Sekunden müsst ihr erklären können, was euer Startup so einzigartig macht.

  • Tretet als vielseitiges, kompetentes und engagiertes Team auf. Es gilt die Faustregel, dass gute Teams mit einer weniger guten Idee bessere Chancen haben als schlechte Teams mit einer guten Idee. Investor:innen setzen in erster Linie auf Menschen.

  • Macht deutlich, dass mit eurem Startup Gewinne zu erwarten sind. Wer investiert, möchte vielleicht auch die Welt verbessern, Nachhaltigkeit kann ein wichtiger Pluspunkt sein. Die Aussicht auf kommerziellen Erfolg bleibt aber primäres Investitionskriterium.

  • Fasst eure Vorteile in einem übersichtlichen Pitchdeck zusammen. Zehn Slides mit den wichtigsten Punkten sollten für den ersten Eindruck genügen. Die Details könnt ihr dann noch in den weiteren Verhandlungen klären.

  • Lasst euch von Absagen nicht abschrecken! Viele Gründer:innen haben es erst nach mehreren Anläufen und manchmal auch Änderungen des Geschäftsmodells geschafft. Die Chance ist groß, dass Hartnäckigkeit und der Glaube an euch selbst belohnt wird.


Autor

Startup City Hamburg

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