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Fast jeder, der einmal mit dem Flieger den Ozean überquert hat, dürfte es kennen: endlose Müdigkeit, Erschöpfung und Kopfschmerzen. Der schnelle Flug in andere Zeitzonen hat seinen Preis. Es ist der Jetlag, an dem Vielfliegende häufig leiden und ihre Leistungsfähigkeit erheblich einschränkt. Das Hamburger Startup jetlite hat ein Gegenmittel entwickelt, mit dem die Fitness nach einem Langstreckenflug besser erhalten bleibt.

© jetlite: auf einer Messe

Licht beeinflusst den Melatoninspiegel

jetlite-Gründer Achim Leder hat das Problem bereits in seiner Dissertation an der Bergischen Universität Wuppertal erforscht und einen Lösungsansatz gefunden. Der Schlüssel dazu ist das Licht. „Es ist der wichtigste Zeitgeber für die innere Uhr“, konstatiert Leder. „Die Wellenlängen und Intensitäten des Lichts beeinflussen die hormonelle Reaktion des Körpers und somit unsere innere Uhr. Ein Hormon, das für die Regulation verantwortlich ist, ist Melatonin, das auch als Schlafhormon bekannt ist.“ Und dieses Hormon lässt sich durch eine smarte Beleuchtung beeinflussen.

jetlite hat eine chronobiologisch wirksame Beleuchtungssteuerung entwickelt, die im Flugzeug auf längeren Strecken wohltuend wirken soll. Sie basiert auf einem Algorithmus. Dieser reguliert die Beleuchtung an Bord entsprechend den Flugzeiten, der Flugdauer und der Richtung sowie der überwundenen Zeitzonen. Tageslicht und Jahreszeiten am Start- und Zielort werden ebenso in die Datenbasis eingearbeitet. Auf diese Weise können zahlreiche Lichtszenarien auf den Biorhythmus der Passagiere abgestimmt werden, so dass der Jetlag am Ende deutlich erträglicher wird. „Blaues Licht hemmt die Bildung des körpereigenen Hormons Melatonin, der Reisende fühlt sich wacher“, erklärt Leder. Licht mit stärkerem Rotanteil hingegen führe mehr zu mehr Müdigkeit. Eine abgestimmte Steuerung der Parameter beim Durchqueren von Zeitzonen könne die Übergänge für den menschlichen Organismus verträglicher gestalten.

Komplett verhindern lässt sich der Jetlag nicht, zumindest aber stark vermindern, verspricht jetlite. „Hauptziel ist es, Reisen angenehmer zu gestalten sowie die Gesundheit und das Wohlbefinden der Passagiere zu stärken“, erklärt Achim Leder. 

© jetlite: das Gründungsteam Toni Garrn, Achim Leder, Tanja Becker und Felix Brüggemann

Lufthansa und Finnair haben jetlite bereits an Bord

In der Flugbranche ist das Beleuchtungssystem von jetlite inzwischen ein zunehmend gefragtes Produkt. Für die Lufthansa haben Leder und sein fünfköpfiges Team bereits mehrere Flotten damit ausgestattet. Sowohl Airbus als auch Boeing-Maschinen wurden mit der chronobiologischen Beleuchtungstechnologie bestückt. Finnair gehört ebenso zum Kundenstamm wie TUI Cruises, wo das System in Kreuzfahrtschiffen Anwendung findet. Auch in Büros, wo oft unter Kunstlicht gearbeitet wird, hat jetlite bereits erste Projekte umgesetzt. Das Gesundheitswesen, öffentliche Verkehrsmittel, Beleuchtungsindustrie und Gebäudeautomation sind die Branchen, in denen das Startup künftig expandieren will.

Auf die Idee, ein eigenes Startup zu gründen, kam Leder bereits 2015, als er vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eingeladen worden war, um seine Forschung zu präsentieren. Gemeinsam mit dem Wirtschaftswissenschaftler Felix Brüggemann, der Lufthansa-Pilotin und Ingenieurin Tanja Becker begann 2017 im Airbus BizLab die Gründung. Eine Startfinanzierungen erhielt das Team durch das EXIST Gründerstipendium der Bundesregierung sowie aus dem Förderprogramm InnoRampUp der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB). Schon im ersten Jahr der Gründung gewann jetlite den Innovationspreis der deutschen Luftfahrt. Ein Jahr später wurden Leder und sein Team Sieger beim German Innovation Award. Und 2019 waren sie beim Hamburg Innovation Award erfolgreich. 

Als Mitgründerin des Unternehmens wird auch das weltbekannte Model Toni Garrn genannt, und das ist mehr als nur ein PR-Gag. In einer an alle Haushalte verteilten Sonderausgabe der Bild-Zeitung erzählte sie einem Interview von ihren Erfahrungen mit Jetlag. Achim Leder las das und nahm Kontakt mit ihr auf, um sie für jetlite zu gewinnen. Es meldete sich zunächst ihre Mutter, eine Wirtschaftswissenschaftlerin, die nach intensiver Befragung ihre Zustimmung gab. Als Vielfliegerin und damit Testperson half Toni Garrn bei der Produktentwicklung mit.

© jetlite: Toni Garrn und Achim Leder

Größte Herausforderung war Corona

„jetlite hat sich als kleines Startup in der Luftfahrtindustrie, einer sehr komplexen Branche mit hohen Eintrittsbarrieren, etabliert und innerhalb kurzer Zeit eine große Markenbekanntheit geschaffen“, resümiert Leder. „Die größte Herausforderungen in der bisherigen Firmengeschichte waren die Corona-Krise und die allgemeine wirtschaftliche Lage der letzten Jahre. Innerhalb von nur vier Wochen nach Beginn der Pandemie hat jetlite mehr als 72 Prozent des Auftragsvolumens verloren und weitere 20 Prozent wurden auf unbestimmte Zeit verschoben.“ Mit finanzieller Hilfe der Stadt Hamburg sowie den Corona-Hilfen des Bundes konnte das Startup die Flaute in der Branche überstehen und neue Projekte außerhalb der Luftfahrtindustrie akquirieren.

Seit 2022 leitet jetlite ein bundesweites Konsortium aus Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen, das im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr an der Entwicklung eines IoT-Industriestandard für chronobiologisch wirksame Beleuchtung im Mobilitätssektor arbeitet. Das Projekt Chronolite wird vom Bund mit rund vier Millionen Euro finanziert. „Das Hauptziel besteht darin, eine Chronolite-Plattform zu schaffen, die IoT-gestützte Beleuchtungseinheiten an chronobiologische Anforderungen sowie an personalisierte Nutzerpräferenzen wie die individuelle innere Uhr anpasst“, heißt es auf der Projekt-Homepage. Das Programm läuft noch bis Ende 2024.

In Finkenwerder mit Blick auf den Hafen und dicht an den Fertigungshallen von Airbus hat jetlite einen Standort gewählt, der Potenzial für neue Märkte verspricht. „Hamburg als Heimatstadt von jetlite spielt eine entscheidende Rolle in der Entwicklung des Unternehmens“, konstatiert Achim Leder.

„Mit seiner strategischen Lage im Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung profitiert jetlite besonders von der Nähe zu führenden Luftfahrtunternehmen und Forschungseinrichtungen. Diese Synergien ermöglichen es dem Unternehmen, sich als innovativer Akteur in der Luftfahrtindustrie zu positionieren und von einem dynamischen Netzwerk von Fachleuten und potenziellen Partnern zu profitieren. Die Gründung von jetlite in Hamburg, einem Zentrum der internationalen Luftfahrt, ermöglichte es uns, von Beginn an eng mit der Branche verbunden zu sein. Hamburg, mit seiner starken Luftfahrtindustrie, war der ideale Startpunkt für die ambitionierte Reise von jetlite.“
Achim Leder, Gründer von Jetlite

Autor

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