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Das Hamburger Startup TimeTeller hat 2023 drei Preise gewonnen, weil es ein Verfahren entwickelt, mit dem die Erkenntnis über den Rhythmus der inneren Uhr des Menschen für die medikamentöse Behandlung genutzt werden kann. TimeTeller gibt es als Unternehmen erst seit März des Jahres und ist eine Spin-off Ausgründung der Berliner Charité. Gründerin Angela Relógio forscht als Molekularbiologin aber bereits seit 16 Jahren an dem Projekt.

© TimeTeller: das Gründungsduo Angela Relógio und Benjamin Dose

TimeTeller hat noch einen langen Weg vor sich

Nach ihrem Umzug nach Hamburg vor rund einem Jahr hat Relógio als Professorin den Lehrstuhl für Systemmedizin und Biostatistik an der MSH- Medical School Hamburg übernommen. Co-Gründer Benjamin Dose ist bei TimeTeller für die regulatorischen Aufgaben des Unternehmens zuständig. Eigene Labore oder ein eigenes Büro mit Firmenlogo am Eingang finden sich bei TimeTeller noch nicht. Das Zweipersonenunternehmen vergibt seine Forschungsaufträge an externe Institute und Dienstleistungsunternehmen. Obwohl bereits jahrelanges Wissen dahintersteckt, wirtschaftet das Startup noch mit bescheidenen Mitteln. Finanziert wird es gegenwärtig ausschließlich durch die Förderung aus dem InnoRampUp-Programm der IFB Innovationsstarter GmbH in Hamburg. Und bis ihr Unternehmen eigene Umsätze generieren kann, werden wohl noch einige Jahre vergehen, schätzt Relógio. Die Markteinführung für das vollständig entwickelte und zugelassene Medizinprodukt ist für 2027 geplant..

© Gerd Altmann / Pixabay: Darstellung der DNA

Medikamente zur richtigen Uhrzeit mindern die Nebenwirkungen

„Medizinische Forschungen dauern immer viele Jahre. Bis ein neues Medizinprodukt zugelassen werden kann, vergehen mitunter sogar Jahrzehnte. Komplexe klinische Studien und Zulassungsverfahren sind erforderlich“, weiß die Professorin. Denn getestet werden müsse die Wirksamkeit eines Produkts und die möglichen Nebenwirkungen. Das erfordere Messungen und Beobachtungen über lange Zeiträume hinweg. Bei TimeTeller geht es konkret um die Überlebensfrage bei Krebspatienten. „Viele Therapien werden abgebrochen, weil die Nebenwirkungen zu stark sind“, berichtet die Forscherin. Oft aber liege das daran, dass die Medikamente zur falschen Tageszeit verabreicht würden. Jeder Mensch ist anders getaktet und hat seine eigene innere Uhr. Biologisch betrachtet ist es der zirkadiane Rhythmus, der unsere inneren Schwingen im Tagesverlauf bestimmt. Mit der Analyse der individuellen inneren Uhr könne der beste Zeitpunkt gefunden werden, an dem die Nebenwirkungen eines Medikaments am geringsten seien und die Wirksamkeit am größten.

Um den zirkadianen Rhythmus bestimmen zu können, nutzt TimeTeller einen Speicheltest, der ganz ähnlich wie ein Coronatest durchgeführt wird. Die entnommene Probe liefert den Forschenden Körperzellen, die in ihrem Kern die DNA enthält. Bestimmte Abschnitte der DNA werden unter der Kontrolle bestimmter Eiweiße bis zu tausend Male pro Tag zu einer RNA kopiert. Das Besondere dabei ist: die Häufigkeit dieser Kopiervorgänge verändert sich im Verlauf des Tages. So entstehen Hoch- und auch Tiefphasen. Die Entnahme von vier Speichelproben zu je unterschiedlichen Tageszeiten ist erforderlich, um mit Hilfe von Algorithmen einen klaren Kurvenverlauf des zirkadianen Rhythmus einer Person berechnen zu können.

Mit dessen Kenntnis lässt sich laut Relógio das optimale Timing für die Medikamenteneinnahme bestimmen, so dass die heilende Wirkung möglichst groß und die unerwünschten Nebenwirkungen möglichst gering ausfallen. „Wenn Sie Ihren persönlichen zirkadianen Rhythmus kennen und Aktivitäten wie Schlaf, Bewegung, Tageslicht oder Medikamenteneinnahme Ihrem internen Timing anpassen, kann dies die Gesundheit verbessern und die Erholung oder Therapiezeit bei Patienten reduzieren“, erklärt Relógio. Und das gelte nicht nur für Patienten, die bereits erkrankt seien. Wer seinen Tagesrhythmus entgegen seiner inneren biologischen Uhr gestalte, schade seiner Gesundheit, etwa durch die Arbeit in der Nachtschicht. Nach einer langen Flugreise in eine andere Zeitzone mache sich die Ungleichzeitigkeit sofort durch einen erschöpfenden Jetlag bemerkbar.

© Mathias Jäger/Hamburg Startups: Angela Relógio

Der zirkadiane Rhythmus bietet großes Potenzial für die Pharmaindustrie

„Unsere Idee war, dass unsere Forschung den Menschen einen direkten Nutzen bringt“, sagt Gründerin Relógio. Die tagesrhythmische Optimierungsmethode, die sie zunächst für die Krebsbehandlung konzipiert hat, sei auch auf Medikamente gegen viele andere Krankheiten übertragbar. Somit sei der zirkadiane Rhythmus potenziell auch für Pharmaunternehmen interessant. Denn 40 bis 50 Prozent aller neuen entwickelten Medikamente scheiterten aufgrund mangelnder Wirksamkeit und weitere 30 Prozent wegen einer zu hohen Toxizität.

Diese Quoten könnten durch eine Chronotherapie, eine Bestimmung des optimalen Timings, deutlich reduziert werden, hofft die Molekularbiologin. Manche Studien zeigten bereits eine Verdopplung der Wirksamkeit. Mit einzelnen Pharmaunternehmen führe sie bereits Gespräche, verrät Relógio. „Durch eine Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern verschiedener Forschungsfelder und Pharmaunternehmen wollen wir zirkadiane rhythmische Eingriffe in die Arzneimittelentwicklungsprozesse integrieren, womit eine effektivere Behandlung einer Vielzahl von Krankheiten ermöglicht wird. Unser ultimatives Ziel ist es, zirkadiane rhythmenbasierte Interventionen zu einem integralen Bestandteil der Gesundheitsversorgung zu machen und es den Menschen zu ermöglichen, gesünder und angenehmer zu leben.“

© Mathias Jäger/Hamburg Startups: Angela Relógio von TimeTeller, Gewinnerin von Female StartAperitivo 2023

TimeTeller genießt große Wertschätzung in Hamburg

Ein großes Vorhaben, das viel Elan und Kreativität beweist. Dafür wurde TimeTeller im November 2023 mit dem Gründerpreis+ auf dem Digitalgipfel Digital Summit in Jena geehrt. Die Auszeichnung würdigt die Leistung hochinnovativer Startups in Deutschland mit einer starken digitalen Komponente und dem Potenzial, in ihrem jeweiligen Bereich eine richtungsweisende Transformation anzustoßen. Einen weiteren Preis gewann das junge Unternehmen ebenfalls im November mit dem Heatlh Innovation Award in Hamburg. Für die Tech Award Gala 2023 wurde TimeTeller in der Kategorie Rising Start nominiert. 

Bereits im Juli errang TimeTeller den 1. Platz beim Gründerinnenwettbewerb Female StartAperitivo in Hamburg. Zum Finale waren zehn von Frauen geführte Startups aus zehn Bundesländern angetreten. Das Niveau der Pitches war durchgehend hoch und am Ende erhielt Relógios Unternehmen bei der Publikumswahl die meisten Stimmen. In Hamburg wird das Potenzial von TimeTeller hoch eingeschätzt. Das hat die gebürtige Portugiesin Relógio bereits in ihren ersten Monaten an der Elbe erfahren.

„Wir werden in Hamburg total gut unterstützt. So gut, wie ich das noch nie erlebt habe. Die Netzwerke funktionieren großartig. Ich spüre hier eine echte Willkommenskultur, denn die Stadt und die Menschen sind sehr offen und warmherzig. Hier läuft alles sehr professionell und ich sehe, dass hier ganz viele Leute daran arbeiten, die Stadt voranzubringen. Wir haben unseren Heimathafen gefunden. Hamburg ist der Place to be.“
Angela Relógio, Gründerin von TimeTeller

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