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In der Startup-Szene ist viel von „Einhörnern“ die Rede. Das sind Unternehmen, die eine Bewertung im Milliardenbereich erzielt haben. Immer häufiger hört man aber auch den Begriff „Zebra“ für Startups, die Profitabilität und soziale Verantwortung unter einen Hut bringen wollen. Dabei fällt auf, das dort branchenübergreifend viele Startups aus Hamburg zu finden sind.

© Pixabay

Die Geburt des Zebras als Startup-Tier

Erstmals tauchte der Begriff in einem Beitrag mit dem Titel Zebras Fix What Unicorns Break auf, der 2017 auf der US-Plattform Medium erschien. Verfasst hat den Artikel das Autorinnenkollektiv „Zebras Unite“ das von den Gründerinnen Astrid Scholz, Mara Zepeda, Jennifer Brandel und Aniyia Williams gebildet wird.

Schon ein Jahr zuvor hatten sie in dem Essay „Sex & Startups“ ein grundsätzliches Problem thematisiert:

"Die derzeitige Technologie- und Risikokapitalstruktur ist kaputt. Sie belohnt Quantität statt Qualität, Konsum statt Kreation, schnellen Ausstieg statt nachhaltigem Wachstum und Aktionärsgewinne statt gemeinsamen Wohlstand. Sie jagt "Einhorn"-Unternehmen hinterher, die auf "Disruption" aus sind, anstatt Unternehmen zu unterstützen, die reparieren, kultivieren und verbinden."

Für ihre Gegenbewegung schlugen die Autorinnen das Zebra als Symboltier vor, und zwar unter anderem aus folgenden Gründen:

  • Im Gegensatz zu Einhörnern gibt es Zebras wirklich.

  • Wie die Tiere sind Zebra-Startups schwarz und weiß, sie sind profitabel und verbessern die Gesellschaft.

  • Zebras sind Herdentiere, und auch die so genannten Startups agieren nicht allein, sondern kooperieren und unterstützen sich gegenseitig.

Zu den Eigenschaften und Zielen der neuen Startup-Klasse gehören auch das Streben nach nachhaltigem statt exponentiellem Wachstum, Pluralität statt Monopolismus, Qualität statt Quantität und weitere Faktoren, die das Gemeinschaftliche vor das Wettbewerbliche stellen.

Auffallend ist, dass die Zebra-Bewegung vor allem von Frauen vorangetrieben wird. In Deutschland haben Naomi Ryland und Lisa Jaspers mit ihrem Buch „Starting a Revolution“ einen wichtigen Beitrag dazu geleistet. Es behandelt die Rolle von Frauen in der Arbeitswelt insgesamt, als Unternehmerinnen liegt ihnen die Zebra-Thematik aber besonders am Herzen. Lisa Jaspers ist die Gründerin von FOLKDAYS, einem Onlineshop für fair gehandelte Designprodukte. Naomi Ryland hat mit zwei Kolleginnen die Plattform tbd* ins Leben gerufen, die Jobs mit sozialem und nachhaltigem Anspruch vermittelt.

„Unter Gründerinnen und Gründern herrscht noch zu oft der Glaube, dass gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftlicher Erfolg einander ausschließen. Wir glauben, es muss zusammengehen. Denn natürlich läuft jedes noch so sinnvolle Startup nicht ohne ein funktionierendes Geschäftsmodell.“
Lisa Jaspers, Gründerin von FOLKDAYS
© Stefan Groenveld: die Expo des Food Innovation Camps 2022

Viele Zebras in der Food-Branche

Die Idee, gesellschaftliches und ökologisches Engagement mit Unternehmertum zu verbinden, ist nicht neu und vor allem in der Food-Branche weit verbreitet. Ein prominentes Beispiel ist Oatly aus Schweden, dessen Ursprünge bis in die 1980er Jahre zurückgehen. Damals entwickelte der Wissenschaftler Rickard Öste ein Verfahren, um aus Hafer eine Milchalternative zu gewinnen. Daraus entstand ein Weltkonzern, der ein ganz neues Produktsegment etablierte.

In Deutschland hat das Berliner Unternehmen share eine bemerkenswerte Entwicklung gemacht. 2018 startete es mit Mineralwasser, einem Schokoriegel und Seife. Inzwischen bietet es eine große Bandbreite von Verbrauchsgütern an und sogar einen Mobilfunktarif und ein Bankkonto. Das Besondere: Von jedem verkauften Produkt geht ein Teil des Erlöses als Spende an soziale Projekte. In Hamburg bietet das Food Innovation Camp seit 2017 eine Bühne für innovative und nachhaltige Food-Startups. Mit dem gerade entstehenden Food Cluster will die Hansestadt die Unternehmen und Akteur:innen der Branche noch besser vernetzen und sich als führender Standort weiter etablieren.

© traceless: die Gründerinnen Johanna Baare und Anne Lamp

Hamburg ist eine Zebra-Hochburg

Einen guten Überblick über Zebras bietet eine Auflistung der Startup-Datenbank Dealroom. Hamburg ist dort prominent vertreten, beispielsweise in der Kategorie „Finance“, wo mit Tomorrow ein Unternehmen genannt wird, das sich explizit zur Zebra-Philosophie bekennt. Tomorrow ist eine digitale Bank, die das ihr anvertraute Geld ausschließlich in nachhaltige Projekte und Fonds investiert. Jakob Berndt, einer der Gründer des Fintechs, hatte sich schon mit den Getränkemarken Lemonaid und ChariTea einen Namen als Social Entrepreneur gemacht. Auf seiner Webseite formuliert Tomorrow sein Credo und der Überschrift „Zebras sind die besseren Einhörner“:

„Wir glauben, dass Unternehmen wie Amazon, Google und Facebook nicht mehr zum Vorbild taugen. Dass es stattdessen Startups braucht, die nicht nur auf Wachstum und Profit aus sind, sondern sich auch als Dienstleister für die Gesellschaft verstehen. Die auf Nachhaltigkeit setzen, auf Kooperation statt auf Konfrontation.“

Besonders stark ist Hamburg in der Kategorie „Utilities“. Die drei dort genannten Startups beschäftigen sich jedes auf seine Weise mit den Themen Recycling und Müllvermeidung. recyclehero sammelt Altglas, Altpapier und andere wiederverwertbare Wertstoffe ein. Cirplus hat einen Marktplatz für recyceltes Plastik aufgebaut. Plastik komplett überflüssig machen will traceless materials mit einer biologisch abbaubaren Alternative. Dieses Startup ist übrigens der beste Beweis, das Zebras auch für Investoren attraktiv sein können. 2023 schloss traceless materials eine Finanzierungsrunde in Höhe von 36,5 Millionen Euro ab.

Auch Robert Heinecke, Gründer und CEO von Breeze Technologies, einem Startup, das Unternehmen, Städten und anderen Organisationen mithilfe von KI bei der Verbesserung der Luftqualität hilft, hält Zebras für die nachhaltigere Unternehmensform:

„Nachhaltigkeit bedeutet für mich, einen ganzheitlichen Blick auf die eigene Unternehmung zu haben – sowohl aus gesellschaftlicher, ökologischer wie auch betriebswirtschaftlicher Perspektive. „Zebras“ sind mir deshalb deutlich lieber als Unicorns. Definitiv nicht nachhaltig ist für mich zum Beispiel ein Geschäftsmodell, das bei der nächsten ausbleibenden Finanzierungsrunde implodiert.“
Robert Heinecke, Gründer und CEO von Breeze

Immer mehr Startups definieren sich als Teil der „Green Economy“. Laut dem Deutschen Startup Monitor lag ihr Anteil 2018 noch bei rund 33 Prozent, 2023 waren es schon knapp 47 %. Damit der Zebra-Nachwuchs gedeihen kann, hat Hamburg im Oktober 2023 als erstes Bundesland ein eigens auf Sozialunternehmen ausgerichtetes Förderprogramm gestartet. InnoImpact heißt es und ergänzt die bereits bestehenden Programme der IFB Innovationsstarter GmbH. Es richtet sich an junge Unternehmen, deren Ziel in der Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen liegt.

„Hamburg nimmt bei der Förderung von Sozialunternehmerinnen und -unternehmern bundesweit eine Vorreiterrolle ein. Wir schließen damit nicht nur eine Lücke im Finanzierungszugang für Sozialunternehmen, sondern richten Innovation eng am sozialen und ökologischen Nutzen aus. Mit dem InnoImpact-Programm leisten wir einen wichtigen Beitrag für ein lebenswertes und nachhaltiges Hamburg. Das lohnt sich für uns – sozial und wirtschaftlich.“
Dr. Melanie Leonhard, Senatorin für Wirtschaft und Innovation
© Christoph Neumann / 1KOMMA5°: Philipp Schröder, Gründer und CEO

Aus Hamburg kommt ein echtes „ZebraCorn“

Im Idealfall kann ein Unternehmen auch beides sein, Zebra und Einhorn. Für das Hamburger Vorzeige-Startup 1KOMMA5° wurde daher dieses Jahr der Begriff „ZebraCorn“ erfunden. Ein Unicorn ist 1KOMM5° aufgrund seiner Milliardenbewertung, die es einer 2023 abgeschlossenen Finanzierungsrunde über 215 Millionen Euro zu verdanken hat. Auch das vehement vorangetriebene Wachstum vor allem durch Firmenübernahmen passt ins Schema. Zugleich hat sich das Startup das Ziel gesetzt, die Umstellung auf erneuerbare Energien so vielen Haushalten wie möglich zu realisieren. Dementsprechend legt der Gründer Philipp Schröder auch gar keinen so großen Wert auf den Einhorn-Status:

"Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass der Einhorn-Status an sich keinerlei Bedeutung oder Wert hat, wenn wir unsere Vision nicht verwirklichen: eine Welt, in der jeder für immer kostenlos von Wind und Sonne leben kann! Deshalb bleiben wir geerdet und fokussiert, während jeder bei 1KOMMA5° weiterhin nach der besten Version von uns selbst strebt, um zu unserer Vision eines CO2-neutralen Lebens beizutragen.
Philipp Schröder, Co-Founder & CEO 1Komma5°

Autor

Startup City Hamburg

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