DM-AirTech macht Wetterberichte für den Drohnenflug
In vielen Bereichen spielen Drohnen bereits jetzt eine wichtige Rolle, dabei hat diese Art des Luftverkehrs immer noch ein hohes Entwicklungspotenzial. Das Hamburger Startup DM-AirTech erhebt meteorologische und aerodynamische Daten, um Entscheidungsträger bei der Planung und Gestaltung der Infrastruktur für Drohnen und Betreiber bei der Flugplanung und -durchführung zu unterstützen.
Faszination Fliegen und die Wissenschaft des Windes
Die Fliegerei begeistert den Italiener Dario Milani seit seiner Kindheit, daher war es keine Frage, ob er sich auch beruflich mit diesem Menschheitstraum beschäftigen würde. Zur Debatte stand nur, ob er eine Karriere als Pilot anstreben, oder technologische Innovationen für die Luft- und Raumfahrt entwickeln sollte. Er entschied sich für letztere Variante und absolvierte in Mailand und Toulouse ein entsprechendes Ingenieursstudium, wo er unter anderem lernte, wie Flugzeuge funktionieren und welche Rolle die Aerodynamik dabei spielt.
Das physikalische Grundprinzip, das Fliegen überhaupt erst möglich macht, nennt sich dynamischer Auftrieb. Ihn nutzen Vögel ebenso wie Flugzeuge mit ihren dafür gestalteten Tragflächen. Naturgemäß spielt der Wind eine wesentliche Rolle, wenn es um das Flugverhalten geht. Das Thema faszinierte Dario ganz besonders, also vertiefte er seine Kenntnisse durch ein Studium an der Bauhaus-Universität in Weimar und schloss es mit dem Doktortitel und dem Prädikat magna cum laude ab. Sein Fachgebiet wurde die numerische Strömungsmechanik, auf Englisch Computational Fluid Dynamics (CFD), die sich mit der Lösung strömungsmechanischer Probleme beschäftigt. Man könnte ihn auch als Windwissenschaftler bezeichnen.
Steigende Nutzung von Drohnen führte zur Gründung von DM-AirTech
Sein Wissen brachte er zunächst bei einer Softwarefirma und einer IT-Beratung ein und anschließend bei Airbus. Wie so oft sorgte auch bei Darios Karriere die Covid-Pandemie für einen entscheidenden Einschnitt. Die Nachfrage nach klassischen Flugzeugen sank und Drohnen rückten stärker in den Fokus. Diese Entwicklung passte zu den Ideen, die er schon länger in seinem Kopf wälzte und jetzt zu einem Geschäftsmodell weiterentwickelte. Daraus resultierte im Mai 2021 die Gründung von DM-AirTech, wobei DM offensichtlich für Dario Milani steht. Ein Ein-Mann-Betrieb sollte das Startup aber nicht bleiben, als Mitgründer holte er sich Oskar Olechowski an Bord.
Oskar ist ein Systemtechniker mit französisch-polnischen Wurzeln und hat über neun Jahre bei Airbus gearbeitet. Sein offizieller Titel bei DM-AirTech ist Head of Engineering. Was das Unternehmen macht, fasst Dario so zusammen: „DM-AirTech bringt die höchste Datengranularität für wetterabhängige Entscheidungen und Prozesse bis auf Gebäudeebene und setzt derzeit sein umfassendes Wetter- und Klimamanagement zur Unterstützung von Akteuren bei der Entwicklung von Vertiport-Infrastrukturen und Flugkorridoren sowie für die Durchführung eines sicheren und effizienten Flugbetriebs von bemannten und unbemannten Luftfahrtsystemen ein.“
Die Windverhältnisse in Städten sind kompliziert und wechselhaft
Einfacher ausgedrückt: DM-AirTech bietet eine Art Wetterbericht für Drohnenflüge. Dabei berücksichtigt das Startup nicht nur die aktuellen meteorologischen Daten, sondern auch die Umgebung, in der die Fluggeräte unterwegs sind. Passagierflugzeuge fliegen in großer Höhe in einem offenen Himmel, dort lassen sich die Windverhältnisse und damit mögliche Turbulenzen verhältnismäßig leicht analysieren und vorhersagen. Drohnen fliegen zumeist in geringer Höhe in unübersichtlichem Gelände oder in Städten zwischen Gebäuden, was erheblichen Einfluss auf die Windströmungen hat. Hier verlässliche Vorhersagen zu erstellen, ist buchstäblich eine Wissenschaft für sich.
DM-AirTech liefert solche hyperlokalen Prognosen, um das Risiko für aktuelle Flüge einzuschätzen, aber auch für Standortentscheidungen. Ein Vertiport ist ein Start- und Landeplatz für Drohnen und auch Lufttaxis, die senkrecht auf- und absteigen. Noch befinden sich solche kompakten Flugplätze, die beispielsweise auf Dächern positioniert sein könnten, bestenfalls in der Projektphase. Das könnte sich aber in naher Zukunft ändern, und dann steht DM-AirTech mit seinem Know-how bereit.
Ein Angebot für Betreiber von Drohnen und Vertiports
Das sollte doch auch für Investoren eine attraktive Perspektive sein, dachte sich Dario, und stellte einen ersten Businessplan auf, der eine Finanzierungsrunde über zwei Millionen Euro nach vier Monaten beinhaltete. So einfach war es dann aber doch nicht. Also konzentrierte sich das Startup zunächst auf das Beratungsgeschäft und stellte dabei fest, dass im ersten Schritt hochkomplexe Antworten gar nicht erwartet wurden. Wenige Monate nach dem Start brachte dann ein großes Unternehmen die erhoffte Unterstützung, um die Produktentwicklung weiter voranzubringen. Auch eine Förderung durch das InnoFounder-Programm der IFB Innovationsstarter GmbH sorgte für zusätzliche Sicherheit.
Inzwischen hat DM-AirTech vier Angebote für seine Kunden:
VertiPlace ist eine Software-as-a-Service (Saas), welche die Möglichkeit bietet, die Betriebsfähigkeit von Vertiports im Vorfeld zu analysieren und sie je nach Nutzungsplan und lokalen Wetterverhältnissen zu optimieren.
WeTwin erstellt einen Wetter-Zwilling eines Vertiports und seiner Betriebsumgebung, damit Betreiber das Design ihres Vertiports in Bezug auf das Wetter und das hyperlokale Wind- und Turbulenzverhalten verstehen, visualisieren, messen und optimieren können.
Corridor analysiert die Funktionsfähigkeit geplanter Flugkorridore. Die Verwendung der Software ermöglicht die Planung und Erstellung optimaler Luftverkehrsverbindungen für Vertiports durch die Integration von Wetteranalysen und Spezifikationen für Senkrechtstarts und -landungen.
Mit VertiMonitor lassen sich die Echtzeit-Wetterentscheidungen für den hochautomatisierten Vertiport-Betrieb mit Hilfe der Pionierarbeit von DM-AirTech in der Computerphysik und der Robustheit der Sensoren unterstützen.
Luftfahrtstandort Hamburg als Startvorteil
Bisher ist das Unternehmen organisch gewachsen und beschäftigt mittlerweile sieben Personen, fünf in Vollzeit und zwei als Teilzeitkräfte. Die Basis für stärkeres Wachstum ist somit geschaffen, zumal es weltweit nur wenige Mitbewerber gibt, die über das Know-how von DM-AirTech verfügen. Hilfreich für eine positive Entwicklung ist sicherlich auch der Standort Hamburg, für die zivile Luftfahrt der drittgrößte der Welt nach Seattle und Toulouse.
Für die Vernetzung der unterschiedlichen Akteure in der Hansestadt ist das Cluster Hamburg Aviation zuständig. Das koordiniert unter anderem auch das BLU-Space Projekt für ein Verkehrsmanagementsystem für unbemannte Drohnen im urbanen Umfeld. Hamburg soll dafür den ersten Erprobungsluftraum Europas bilden. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert das Projekt mit insgesamt 2,36 Millionen Euro. Mitte Mai 2026 soll BLU-Space abgeschlossen sein. Hamburg versteht sich also als Wegbereiter für den städtischen Drohnenverkehr; ein Anspruch, den es mit DM-AirTech teilt.