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Den Datenaustausch und Geschäftsbeziehungen mit dem Einzelhandel so unkompliziert wie möglich zu gestalten – das ist das Versprechen von Procuros. Zahlreiche Kunden, vor allem Startups, konnte das Hamburger Jungunternehmen mit seinem Angebot bereits überzeugen, ebenso eine Reihe von Venture Capital-Unternehmen und Business Angels, die Millionen investierten.

© Procuros: die Gründer Benjamin Wulff und Patrick Thelen

Zwei Gründer mit internationaler Erfahrung und Startup-Know-how

In der Person des Gründers Patrick Thelen und seiner beruflichen Karriere vereinen sich Heimatverbundenheit und Internationalität geradezu beispielhaft. Aufgewachsen ist er in Bad Oldesloe in Schleswig-Holstein. Sein duales Studium zum Wirtschaftsingenieur absolvierte er an der Nordakademie in Elmshorn und in der Deutschlandzentrale des schwedischen Maschinenbau-unternehmens Alfa Laval in Glinde. Beide Städte sind von seinem Geburtstort nicht weit entfernt, ganz im Gegensatz zum kalifornischen Berkeley, wo er seinen Master abschloss.

In Kalifornien hatte er zahlreiche Kontakte zu den Startups im Silicon Valley, wo er sich wesentliche Inspirationen für seine spätere Gründung holte. Zunächst ging es aber in die Unternehmensberatung zur Boston Consulting Group nach Hamburg. Dank seines Jobs kam er viel in der Welt herum, unter anderem nach Toronto (Kanada) und Djakarta (Indonesien). Dabei stellte er fest, dass Unternehmen überall mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen hatten, eine weitere Motivation, irgendwann dafür geeignete Lösungen zu entwickeln und sich damit selbstständig zu machen.

Sein Mitgründer sollte Benjamin Wulff werden, ein Softwareexperte, der ebenfalls an der Nordakademie Elmshorn studiert hatte. Seine erste Firma hatte er gegründet, als er noch keine 18 Jahre alt war. Später war er bei Airbus unter anderem mit der Digitalisierung der Ersatzteilbeschaffung beschäftigt. Zudem war er Mitgründer und CTO des Startups Gaia Nutrition, das eine App für personalisierte Ernährungspläne entwickelte. 2021 übernahm das Berliner Health-Startup Lykon Gaia Nutrition.

2021 ist auch das offizielle Gründungsjahr von Procuros. Als Standort kam dafür wegen vielfältiger familiärer und freundschaftlicher Verbindungen nur Hamburg infrage. Mit ihrem Startup nahmen sich die beiden des Problems an, das Patrick in seinem bisherigen Berufsleben mehrfach identifiziert hatte. Im Kern geht es dabei um den Datenaustausch zwischen Unternehmen, die in einer geschäftlichen Beziehung stehen. Dafür gab es bisher zwei mehr oder weniger umständliche Vorgehensweisen.

© Procuros: diese Grafik zeigt, wie Procuros den Datenfluss vereinfacht

Die umständlichere Methode besteht in dem physischen Austausch von Dokumenten, die dann per Hand abgetippt werden müssen. Das ist ebenso zeitaufwendig wie fehleranfällig und absolut unzeitgemäß. Zumindest im Digitalzeitalter angekommen ist eine Methode, die mit dem Kürzel EDI verbunden ist. Die Buchstabenkombination steht für Electronic Data Interchange (Elektronischer Datenaustausch). EDI ist ein Standardverfahren, das seit den 1970er Jahren für den automatisierten und digitalen Austausch verwendet wird.

Lange Zeit war es die einzige Möglichkeit, beispielsweise Bestellprozesse im Einzelhandel digital abzuwickeln, weshalb es bis heute weit verbreitet ist. Die Popularität von EDI hängt auch mit der simplen Tatsache zusammen, dass es funktioniert. Es liegt aber auch auf der Hand, dass eine Technologie, die seit gut 50 Jahren besteht, nicht in allen Belangen auf der Höhe der Zeit ist. EDI ist relativ langsam und starr und meist auf einen bestimmten Anwenderkreis begrenzt, was insgesamt auch die Fehlerbehebung erschwert.

Die Zukunftslösung, die Procuros anbietet, besteht ebenfalls aus drei Buchstaben: API. Diese Abkürzung bedeutet Application Programming Interface, zu Deutsch Anwendungsprogrammierschnittstelle. Die Funktion einer API erläutert Procuros an einem einfachen Beispiel. Wenn ein Gast in Restaurant ein Gericht bestellt und die Küche dieses zubereitet, dann ist der Kellner, der die Bestellung weitergibt und das Essen serviert, die API.

Ganz so simpel geht es im Geschäftsleben natürlich nicht zu, dort gibt es, um im Bild zu bleiben, mehrere Gäste und mehrere Küchen. An einem konkreten Fall erklärt: Ein Food-Startup liefert seine Produkte an verschiedene Einzelhandelsketten und möchte die Bestellvorgänge digital dokumentieren und abwickeln. Nach der alten Methode müsste das Startup zu jedem Geschäftspartner eine gesonderte Verbindung aufbauen. Mit Procuros geht das alles über eine Plattform, eine Schnittstelle. Dort weitere Teilnehmer zu integrieren, sei so einfach wie eine Freundschaftsanfrage bei Facebook, versichert Gründer Patrick. Auch IT-Laien könnten damit mühelos umgehen.  Und wer auf sein gewohntes EDI-System nicht verzichten möchte: Auch das läuft über die API von Procuros.

© Procuros: das Team

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Bereits im Frühjahr 2021 konnte sich Procuros eine Förderung durch das InnoFounder-Programm der IFB Innovationsstarter GmbH sichern. Das hielt den beiden Gründern zunächst finanziell den Rücken frei, weshalb sie nicht unbedingt auf eine Finanzierungsrunde angewiesen waren. Sie kam aber trotzdem ziemlich schnell. Durch die Teilnahme an einem Wettbewerb waren die Wagniskapitalgesellschaft btov und eine Reihe von Business Angels auf das Startup aufmerksam geworden. Im September 2021 konnte es daher ein Pre-Seed-Investment in Höhe von 1 Million Euro verkünden.

© Procuros: Tony’s Chocolonely ist ein Kunde von Procuros

Damals war Procuros noch ein Zwei-Mann-Internehmen, Anfang 2023 besteht es aus 35 Teammitgliedern und wächst weiter. Zum Zeitpunkt der Finanzierungsrunde war die Software noch nicht vollständig entwickelt. Erste Kunden gewann das Startup dann Ende 2021, unter anderem Bosch mit Elektrozahnbürsten. Bald fokussierte sich Procuros auf Unternehmen, die Lebensmittel und andere Produkte des täglichen Bedarfs anbieten, im Fachjargon Fast Moving Consumer Goods (FMCG) genannt. Viele der Kunden sind tatsächlich Startups, aus Hamburg zum Beispiel Luicella’s (Eis) oder Brooklyn Soap Company (Pflegeprodukte für Männer). Sie profitieren von dem Geschäftsmodell; sie zahlen eine moderate monatliche Grundgebühr und dann pro Transaktion. So sind am Anfang die Kosten überschaubar und steigen mit zunehmenden Umsätzen.

Dass Procuros definitiv ein Startup auf Wachstumskurs ist, zeigte sich im April 2022. Da stand bereits die nächste Finanzierungsrunde ins Haus, dieses Mal in Höhe von 9 Millionen Euro. Angeführt wurde die Runde von den VC-Firmen Point Nine und Creandum sowie Paua Ventures. Bestandsinvestor btov beteiligte sich erneut, hinzu kamen Business Angels wie Denise Persson (CMO Snowflake), David Clarke (ehemaliger CTO Workday) und Thijn Lamers (Adyen-Gründerteam). Das Geld floss in den weiteren Ausbau des Teams und die Erweiterung der Funktionen. Mittlerweile passt der Firmenname Procuros, abgeleitet von „procurement“ (Beschaffung, Auftragswesen) nur noch bedingt, weil sich über die Plattform beispielsweise auch die Rechnungsstellung abwickeln lässt.

Mit inzwischen über 100 Kunden hat sich Procuros in kurzer Zeit etabliert, doch das ist längst nicht alles, was dieses Startup auszeichnet. Die Unternehmenskultur ist geprägt von sozialem Engagement, das weit in die Zeit vor der Gründung zurückreicht. So nahm sich Patrick nach Beendigung seines Studiums zunächst eine Auszeit, um in der Flüchtlingshilfe im Libanon zu arbeiten. 2019 entstand daraus die Organisation doin‘ good, die er zusammen mit Lars Leipson, einem Kollegen von der Boston Consulting Group, gründete. Benjamin wiederum unterstützt seit Jahren den gemeinnützigen Verein Leben mit Behinderung Hamburg mit seinem Software-Know-how. Daher gehört es zum Selbstverständnis von Procuros, dass Mitarbeitende, die soziale Arbeit leisten möchten, dafür eine Freistellung bekommen. In Zeiten, in denen Fachkräfte rar sind und für viele ein Job mehr sein soll als nur ein Mittel um Geld zu verdienen, nicht das schlechteste Argument für Procuros als Arbeitgeber.


Autor

Startup City Hamburg

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