elementarhy macht grünen Wasserstoff günstiger
Hamburg ist auf einem guten Weg, ein führender Wasserstoff-Standort zu werden. Das bestätigt eine gerade veröffentlichte Studie des Fraunhofer-Centers für Maritime Logistik und Dienstleistungen. Dazu beitragen soll unter anderem der Bau einer Produktionsanlage auf dem Gelände des ehemaligen Kohlekraftwerks Moorburg. Einen wertvollen Beitrag leistet auch das Startup elementarhy, das eine Technologie entwickelt hat, welche die Herstellung von grünem Wasserstoff wettbewerbsfähiger und umweltfreundlicher macht.
Wasserstoff als Speicher für erneuerbare Energie
Für einen effektiven Klimaschutz gilt die Umstellung der Energieerzeugung auf fast ausschließlich Wind- und Solaranlagen als unverzichtbar. Allerdings ist eine gleichbleibende Versorgung aufgrund von jahreszeitlichen und wetterbedingten Schwankungen nicht garantiert. An guten Tagen wird mehr Energie erzeugt als benötigt, an schlechten Tagen mit kaum Wind und Sonne droht dagegen Knappheit. Die Produktion von Wasserstoff, der überschüssige erneuerbare Energie speicherbar und in industriellen Prozessen nutzbar macht, könnte dies kompensieren.
Bisher wird Wasserstoff fast ausschließlich aus fossilen Energieträgern gewonnen, wobei CO2 freigesetzt wird, was den Klimaschutzzielen widerspricht. Dabei ist die technologische Alternative längst vorhanden. Mittels Elektrolyse wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten, kostengünstiger könnte das Ausgangsmaterial also gar nicht sein. Das Gerät, das diesen Prozess möglich macht, heißt Elektrolyseur. Das Kernelement eines Elektrolyseurs ist die von Wasser umgebene Membran-Elektroden-Anordnung (MEA). Legt man dort eine elektrische Spannung an, wird das Wasser gespalten. Vergleichen lässt sich die MEA mit dem Chip in einem Computer: Sie macht den entscheidenden Unterschied.
elementarhy spart bis zu 95 % Iridium ein und erhöht die Wirtschaftlichkeit
Durch den Elektrolyseur erhöht sich der Kostenfaktor um ein Vielfaches. Einer der wesentlichen Rohstoffe für den Bau ist nämlich Iridium. Iridium gehört zu den seltensten Metallen überhaupt, es ist erheblich seltener als Gold oder Platin. Nur zwischen acht und neun Tonnen werden jährlich gefördert, das meiste davon in Südafrika. Die weltweite Nachfrage steigt stetig und mit der bisherigen Technologie wäre der Bedarf dreimal so hoch wie das Angebot. Sie ist daher sehr teuer und kaum skalierbar.
Hier kommt nun die elementarhy GmbH ins Spiel. Das hat eine MEA entwickelt, die gleich mehrere Vorteile gegenüber anderen Modellen vereint. Besonders signifikant ist der Bedarf an Iridium. Der sinkt bei der Technologie von elementarhy um 95 %. Möglich macht das ein Dünnschichtverfahren, das den Materialverbrauch insgesamt reduziert, auch bei dem ebenfalls verarbeiteten Platin. Bei ersten Testläufen haben sich Kostenersparnisse von bis zu 50 % ergeben.
Erheblich umweltfreundlicher ist die neue Technologie auch. Für die Katalysatorbeschichtung werden bisher per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) verwendet, auch Ewigkeitschemikalien genannt. Wie der Name andeutet, sind sie äußert beständig und belasten daher die Umwelt. In den USA und Europa sind Verbote zumindest in der Diskussion, zum Teil auch schon beschlossen. elementarhy hat eine PFAS-frei Katalysatorschicht entwickelt und kann daher deutlich leichter MEAs ohne diese Chemikalien anbieten.
Entstanden in Greifswald, angesiedelt in Hamburg
In der MEA von elementarhy stecken mehr als zehn Jahre Forschungsarbeit. Für sie zuständig ist der Umweltwissenschaftler und Elektrochemiker Dr. Gustav Sievers (CEO und CTO). 2013 begann er seine Arbeit am Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie in Greifswald. Noch länger, nämlich seit 2005, kennt er den Diplom-Kaufmann Arne Birth. Der hat eine lange Karriere in der Energiewirtschaft hinter sich, mit Stationen wie BASF und Gazprom. Bei elementarhy agiert er als CFO und CMO. Zum Kernteam gehören außerdem Dr. Martin Rohloff, zuständig für Produktion und Beschaffung, Dr. Zahra Nasri (CSO), ursprünglich aus dem Iran, die sich um die Produktentwicklung und das Qualitätsmanagement kümmert, und der Portugiese André Pacheco, verantwortlich für die Testsysteme. Ein heterogenes Team mit einem gemeinsamen Ziel: die Skalierung der Wasserstoffwirtschaft, um in einer klimaneutralen Welt zu leben.
Die offizielle Gründung fand im Mai 2024 in Hamburg statt. Wesentlicher Auslöser für den Schritt zum eigenen Unternehmen war der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die daraus resultierende Beschleunigung der Neuausrichtung bei der Energieversorgung. Die Standortwahl beeinflusste die bereits erwähnte führende Rolle der Hansestadt in der Wasserstoffwirtschaft. Dafür sorgt unter anderem das Cluster Erneuerbare Energien Hamburg. Eine treibende Kraft ist auch die Norddeutsche Wasserstoffstrategie, für die sich 2019 die fünf nördlichen Bundesländer zusammengeschlossen haben. Die Pläne für den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft reichen bis ins Jahr 2035.
Die Förderer und Unterstützer von elementarhy
2024 erhielt das Startup den mit 50.000 Euro dotierten Leibniz-Gründungspreis. Noch wichtiger ist die Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz über den EXIST-Forschungstransfer. Da bei einem Hardware-Startup wie elementarhy die Kosten für die Skalierung hoch sind, sind branchenaffine Investoren durchaus willkommen. In ersten Pilotprojekten, bei denen Innovationskraft und Maschinenbau-Know-how zusammentreffen, arbeitet elementarhy mit führenden Unternehmen partnerschaftlich zusammen. Über 6.000 Stunden Wasserstoffproduktion kann elementarhy bereits nachweisen, als Kunden hat es etablierte und neue Elektrolyseurhersteller im Visier.
Seine grundsätzliche Marktreife hat elementarhy 2024 unter Beweis gestellt. In den kommenden Jahren sollen die Kommerzialisierung vorangetrieben und die Produktion automatisiert werden. Der Fokus liegt dabei ganz klar auf der Elektrolyse, wobei die Technologie auch für andere Einsatzbereiche geeignet ist. Bei Brennstoffzellen beispielsweise, oder sogar für „Carbon Capture and Utilization“ (CCU), der Abscheidung, dem Transport und der anschließenden Nutzung von CO2 für chemische Prozesse. Die Entnahme von Kohlendioxid aus der Luft muss sich aber wirtschaftlich noch behaupten. Viel sinnvoller ist es sowieso, CO2 erst gar nicht entstehen zu lassen. Eben auch mithilfe der günstigen Produktion von grünem Wasserstoff.