Tomorrow macht Bankgeschäfte nachhaltig
Hamburg hat als Finanzplatz eine lange Tradition. Hier entstand im 16. Jahrhundert die erste inhabergeführte Privatbank Deutschlands, die Berenberg Bank, die noch heute existiert. Auch die Commerzbank hat ihren Ursprung in der Hansestadt. Auf einem guten Weg, diese Tradition fortzusetzen ist die Digitalbank Tomorrow, die bereits über 50 Millionen Euro in Finanzierungsrunden eingesammelt und über 100.000 Kund:innen gewonnen hat.
Drei Gründer mit viel Startup-Erfahrung
Am Anfang trug das Unternehmen, das heute Tomorrow GmbH heißt, den Namen Goodfolio GmbH. Darin steckte der Begriff „Portfolio“, der in der Finanzwelt eine Zusammenstellung von Anlagewerten wie Aktien beschreibt. Die Ursprungsidee bestand nämlich darin, einen Fonds zu kreieren, der ausschließlich in nachhaltige Unternehmen investiert. Sie stammt von dem Softwareunternehmer Inas Nureldin, der schon in Ägypten und in Deutschland gegründet hatte. Für sein neues Projekt fand er über den Freundeskreis zwei erfahrene Mitgründer.
Der Kulturwissenschaftler Jakob Berndt war als Sozialunternehmer mit der 2009 gestarteten Lemonaid Beverages GmbH äußerst erfolgreich. Die Marken Lemonaid und ChariTea haben sich dauerhaft auf dem Getränkemarkt etabliert, 2016 gab es dafür den Deutschen Gründerpreis. 2017 zog sich Jakob aus seinem Unternehmen zurück, um eine Pause einzulegen, doch Ines konnte ihn von seiner Idee überzeugen. Genau wie Michael Schweikart, einen Finanzexperten, der ebenfalls Startup-Erfahrung mitbrachte, unter anderem von jobs4refugees, einer Jobplattform für Geflüchtete.
Die Bank war als Geschäftsidee erst Plan B
Hier hatte sich also ein Trio gefunden, dass in Sachen Unternehmertum, Produktentwicklung, Finanzwissen und Nachhaltigkeit eine Menge Kompetenz mitbrachte. Dennoch änderten sie bald ihr angestrebtes Geschäftsmodell, da sich die Aufstellung eines nachhaltigen Fonds für den Anfang als zu komplex erwies. Stattdessen entschieden sich die drei dafür, mit dem Basis-Finanzprodukt schlechthin zu beginnen: dem Girokonto. Sein erstes Lebenszeichen gab Tomorrow im Frühjahr 2018 von sich, als es die Kooperation mit der Solarisbank verkündete. Die Solarisbank, die inzwischen als Solaris SE firmiert, betreibt eine Banking-as-a-Service-Plattform, die es anderen Unternehmen ermöglicht Finanzdienstleistungen anzubieten, auch wenn sie keine Vollbanklizenz besitzen. Somit war der Weg frei für das Girokonto von Tomorrow.
Die Suche nach Testkund:innen im Sommer 2018 über die sozialen Medien brachte schnell 300 Personen zusammen. Ein bis heute in bester Erinnerung gebliebener Meilenstein in der Geschichte von Tomorrow war die erste Zahlung mit einer Debitkarte. Das war der Beweis: Die Software funktioniert! Das war Ende 2018 und der offizielle Start des Girokontos wurde auf den März 2019 datiert. Bekanntlich investieren Banken das Geld von den Konten ihrer Kund:innen, um damit Gewinne zu erzielen. Dabei spielen Kriterien wie Umweltschutz und Sozialverträglichkeit oft nur eine untergeordnete Rolle. Tomorrow achtet dagegen bei seinen Investitionen explizit auf Nachhaltigkeit und hat dafür einen Katalog aus mehr als 100 Anlagekriterien zusammengestellt, die sich unter anderem an den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen orientieren. Bis Ende 2023 hat Tomorrow über die Kontoeinlagen 140 Millionen Euro in nachhaltige Projekte investiert.
Ein eigenes Umweltprojekt in Südafrika
Zudem geht bei jedem Bezahlvorgang mit der Debitkarte ein kleiner Betrag in ein Renaturierungsprogramm in Südafrika. Das hat Tomorrow 2022 selbst initiiert, um bessere Kontrolle über das Projekt zu haben, denn nicht überall, wo Aufforstung draufsteht, ist auch wirklich Umwelt- und Klimaschutz drin. Bei diesem Projekt wird auf ungenutzter und degenerierter landwirtschaftlicher Fläche der Spekboom (Speckbaum) angepflanzt. Um die widerstandsfähige Pflanze herum soll ein Ökosystem für zahlreiche Arten entstehen. Zwei Millionen Euro sind in das Projekt bereits geflossen und haben zahlreiche Arbeitsplätze in einer Region mit hoher Arbeitslosenquote geschaffen.
Ein Ökosystem ganz anderer Art hat Tomorrow im Laufe der Jahre durch Crowdinvesting aufgebaut. Die erste Kampagne im Oktober 2020 hatte bereits drei Millionen Euro eingebracht, bevor sie überhaupt offiziell gestartet war. Die nächste Kampagne im Jahr 2021 war noch erfolgreicher und spülte innerhalb von 24 Stunden acht Millionen Euro in die Kassen. Insgesamt kamen in drei Durchgängen über 14 Millionen Euro von rund 10.000 Anleger:innen zusammen, ein Rekordwert für Deutschland. Am 14. November 2024 ist die nächste Crowdinvesting-Runde gestartet, dieses Mal als fortlaufende Kampagne. Das soll den Zusammenhalt der Crowd weiter stärken, die bereits eine stimmberechtigte Vertretung im Advisory Board hat.
Mehr als 50 Millionen in Finanzierungsrunden
Bereits vor dem ersten Crowdinvesting hatte Tomorrow eine Finanzierungsrunde über von 8,5 Millionen Euro abschließen können. Beteiligt waren der Londoner Environmental Technologies Fund (ETF), der Energieunternehmer Matthias Willenbacher und ein halbes Dutzend weiterer Business Angel. In der Pressemitteilung vom November 2019 kommentierte Michael Schweikart den Erfolg so: „Wir haben seit dem Start bewiesen, dass wir die beiden großen Themen ‚Mobile Banking‘ und ‚Nachhaltige Finanzen‘ gekonnt verbinden und am Markt damit auf großes Interesse stoßen. Die nun abgeschlossene Finanzierungsrunde ermöglicht uns, künftig noch stärker zu wachsen und unser Angebot auszubauen. Die Finanzbranche muss ihrer Verantwortung angesichts der aktuellen globalen Herausforderungen gerecht werden. Wir sind angetreten, weil wir die Welt zum Guten verändern wollen –und Geld ein mächtiger Hebel ist. Tomorrow hat gerade erst begonnen.“
Die nächste Finanzierungsrunde erfolgte im September 2021, und zwar in einer Höhe von 14 Millionen Euro. Neu an Bord waren das Family Office der Hamburger Familie Büll, Abacon Capital, sowie der Signavio-Gründer und Climate-Tech-Investor Torben Schreiter. Das neueste Investment in Höhe von knapp 5 Millionen Euro konnte Tomorrow im Oktober 2024 verkünden. Beteiligt waren überwiegend Bestandsinvestoren wie ETF und Abacon Capital, erstmals dabei war die IFB Innovationsstarter GmbH. Hinzu kam die Konvertierung von bereits vorhandenen Wandeldarlehen in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags. Insgesamt stieg das Finanzierungsvolumen damit über die Schwelle von 50 Millionen Euro.
Tomorrow ist jetzt profitabel und hat seinen eigenen Fonds
Zeitgleich mit der aktuellen Finanzierungsrunde vermeldete Tomorrow, in den Monaten Juni bis September 2024 erstmals profitabel gewesen zu sein. Das galt laut Pressemitteilung zumindest für die EBITDA und Net-Income-Ebene, also vor Steuern und bezogen auf den Reingewinn. Sein Geschäft macht Tomorrow mittlerweile mit über 100.000 Kund:innen, die zwischen drei Kontovarianten wählen können. Bei der Version mit den höchsten Monatsgebühren ist eine Holzkarte inklusive, die Tomorrow 2020 eingeführt hat. Sie besteht zu 80 % aus Kirschholz und verzichtet somit weitgehend auf das sonst übliche Plastik.
Seinen ursprünglichen Traum vom eigenen Investmentfonds hat sich Tomorrow inzwischen auch erfüllt. 2022 legte die Neobank den Fonds Tomorrow Better Future Stocks. Das erwies sich als so komplex wie anfangs vermutet, insgesamt sind fünf Parteien in die Verwaltung involviert. Mit einem Volumen von etwas über 12 Millionen Eurro ist er relativ klein, hat aber zumindest in diesem Jahr eine positive Wertentwicklung. Das Kerngeschäft für das rund 100 Personen starke Team bleiben die Girokonten und der Firmensitz bleibt die alte Bankenmetropole Hamburg.
-
Öffentliche Finanzierung in Hamburg
Gründer:innen können in Hamburg auf ein attraktives Beratungsangebot und eine hervorragend ausgebaute Förderlandschaft zurückgreifen. Verschiedene öffentliche Förderprogramme unterstützen Startups finanziell und beratend, je nach Entwicklungsphase des Unternehmens.
-
Förderprogramme für Existenzgründer
Neben den öffentlichen Förderprogrammen der IFB bietet Hamburg Gründern eine hervorragende Infrastruktur für weitere Unterstützung. Zahlreiche Angebote wie Startup-Beratung, Accelerator- und Inkubatorprogramme ermöglichen es Startups, zu wachsen und innovative Ideen voranzutreiben.