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Ein Ziel der meisten E-Commerce-Unternehmen ist es, das Geschäft international auf eine möglichst breite Basis zu stellen. Eine große Herausforderung ist dabei, bei der Umsatzsteuer und der Finanzbuchhaltung alles im Griff zu haben. Seit der Gründung im Jahr 2016 hat sich das Hamburger Startup Taxdoo zu einem führenden Dienstleister auf diesem Gebiet entwickelt.

© Thies Raetzke: Dr. Roger Gothmann ist der Umsatzsteuer-Experte.

Drei Gründer mit Finanzkompetenz

Es gibt nicht viele Gründer, die in ihrem früheren Berufsleben einmal Finanzbeamte waren. Dr. Roger Gothmann gehört in diese Kategorie. Über neun Jahre hat er für das Bundeszentralamt für Steuern gearbeitet, immer mit dem Fokus auf die Umsatzsteuer. Außerdem hat er nebenberuflich Steuerberater bei diesem Thema unterstützt. Dabei hatte er immer wieder mit Unternehmen aus dem Onlinehandel zu tun, die mit den unterschiedlichen Regularien bei der Umsatzsteuer im Ausland zu kämpfen hatten.

Roger hat am Lehrstuhl für Bankbetriebslehre und Behavioral Finance an der Universität Hamburg promoviert. Genau wie Dr. Christian Königsheim und Dr. Matthias Allmendinger, die neben ihren Finanzwissen auch eine Portion technologisches Know-how mitbringen. Als ihnen Roger im Jahr 2015 von der Umsatzsteuer-Problematik erzählte, entstand die Idee, eine Softwarelösung dafür zu entwickeln. Sie beantragten ein EXIST-Gründerstipendium, und als das bewilligt wurde, gründeten sie im April 2016 ihr Startup Taxdoo.

© Thies Raetzke: die Gründer von Taxdoo, Dr. Christian Königsheim, Dr. Roger Gothmann und Dr. Matthias Allmendinger.

Die Umsatzsteuer ist eine Herausforderung für jeden Onlinehändler

Das Auslandsgeschäft ist für Onlinehändler mit vielen Fallstricken versehen. Sie müssen jeden Monat umfangreiche Unterlagen einreichen, ​ihre Transaktionen überwachen und über Gesetzesänderungen informiert sein. Das alles mit Excel-Tabellen zu managen ist ebenso weit verbreitet, wie umständlich und fehleranfällig. Bei inkorrekten Angaben drohen hohe Geldstrafen. Kompetente Steuerberater:innen zu engagieren ist ebenfalls kostspielig. Daher erweist sich die Umsatzsteuer gerade für kleinere Unternehmen als eine der größten Hürden auf dem Weg in die Internationalisierung.

Das ursprüngliche Konzept von Taxdoo basierte darauf, den gesamten Prozess zu automatisieren. Dafür entwickelte das Startup Schnittstellen zu Anbietern wie Amazon und eBay oder dem eigenen Onlineshop, um automatisch alle relevanten Daten zu beziehen. Diese wurden über Algorithmen steuerlich verarbeitet, so dass der Händler stets einen tagesaktuellen Überblick über seine Verpflichtungen bekommen hat. Im Anschluss übernahm ein europaweites Umsatzsteuer-Netzwerk vor Ort die eigentlichen Meldungen auf Basis dieser Daten.

Den ersten Kunden konnte Taxdoo bereits gewinnen, als sich die Software noch mitten in der Entwicklungsphase befand. So gehörte anfangs der Versand einfacher CSV-Dateien zum Service. Trotzdem war der Vorteil gegenüber bisherigen Vorgehensweisen groß genug, um schnell weitere Kunden zu gewinnen. So aufgestellt, konnte Taxdoo sein Angebot auch mithilfe des Kundenfeedbacks zügig verfeinern und war auf externe Finanzmittel nicht unbedingt angewiesen. Die sollten aber schneller als geahnt kommen.

© Mathias Jäger/Hamburg Startups: Dr. Christian Königsheim und Dr. Roger Gothmann von Taxdoo erhalten ihren Gründergeist-Preis von Michael Lehmann vom Beratungsunternehmen BRL.

Ein Startup-Wettbewerb mit erfreulichen Folgen

Im Februar 2017 stand Taxdoo im Finale des Startup-Wettbewerbs Gründergeist der Wirtschaftsjunioren Hamburg. Am Ende reichte es zum zweiten Platz, dotiert mit 2.000 Euro. Viel wichtiger war aber die mediale Aufmerksamkeit, die die Preisverleihung mit sich brachte. Der High-Tech Gründerfonds (HTGF), Deutschlands umtriebigster Seed-Investor, an dem unter anderem das Bundeswirtschaftsministerium beteiligt ist, sichtet regelmäßig die Siegerlisten von Startup-Wettbewerben und kontaktiert die vielversprechendsten Teams. Auch bei Taxdoo meldete sich der HTGF, was letztlich zu einem Seed-Investment Ende 2017 führte. Die Gründer können daher allen Startups nur wärmstens empfehlen, an solchen Wettbewerben teilzunehmen.

Mit der Unterstützung des HTGF konnte Taxdoo nun endgültig auf Wachstumskurs gehen. Man war zu einem Zeitpunkt profitabel geworden, als das noch gar nicht geplant gewesen war und hatte entsprechend größere Freiheiten. Die nutzte Taxdoo für die Aufstockung des Teams und für allem für den Ausbau der Serviceangebote. Ein wichtiger Schritt war beispielsweise ein offizieller DATEV-Partner zu werden. DATEV ist ein Softwareunternehmen, das eine Reihe von Softwarelösungen für Finanz- und Buchhaltungsthemen entwickelt hat. Viele kennen DATEV wahrscheinlich von ihrer Gehaltsabrechnung. Der wichtigste Schwerpunkt liegt aber auf der Steuerberatung.

Als Steuerberatung fungiert Taxdoo selbst zwar nicht, das Startup verfügt aber über ein Netzwerk mit rund 500 Kontakten aus der Branche und kann Empfehlungen geben. Längst definiert sich das Unternehmen auch nicht mehr als reiner Spezialist für die Umsatzsteuer. Auch die Finanzbuchhaltung lässt sich über die Plattform abwickeln. Über 50 Prozent der Kunden nutzen mittlerweile dieses zusätzliche Angebot.

© Thies Raetzke: Co-Founder Dr. Matthias Allmendinger.

Zwei millionenschwere Finanzierungsrunden für Taxdoo

Der stetige Aufstieg von Taxdoo blieb der Investorenszene nicht verborgen und das Gründerteam hat eine Liste mit Venture Capital-Unternehmen erstellt, die für eine Finanzierung in Frage kommen könnten. Gut vorbereitet und mit vielversprechenden Daten und Fakten im Gepäck, ging man dann in die Verhandlung. Das Ergebnis konnte Taxdoo im Dezember 2020 verkünden. In einer Series-A-Finanzierungsrunde sicherte sich das Startup 17 Millionen Euro. Der High-Tech Gründerfonds war wieder dabei und als wichtigster Neuinvestor Accel. Die Beteiligungsgesellschaft mit Hauptsitz in Palo Alto, Kalifornien, hat bereits in über 300 Unternehmen investiert, bekanntester Name auf der Liste ist zweifellos Facebook.

2021 setzte sich die Erfolgsgeschichte ungebremst fort. Dazu trug auch eine politische Entscheidung bei. Seit dem 1. Juli gilt in der EU eine Regelung namens One-Stop-Shop (OSS). Sie ermöglicht es registrierten Unternehmen, Umsätze aus Fernverkäufen in einer Steuererklärung zentral an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Diese bürokratische Reform bringt zwar einige Vereinfachungen mit sich, ist aber dennoch mit einem gewissen Aufwand verbunden. Auf jeden Fall erwies sie sich als zusätzliches Argument für die Nutzung von Taxdoo. Ähnliches gilt für den Brexit, der Onlineshops, die im UK Umsätze erzielen, vor eine neue Herausforderung stellte.

Der Dezember erwies sich 2021 für Taxdoo erneut als Monat der guten Nachrichten. In einer Series-B-Finanzierungsrunde gab es jetzt 57 Millionen Euro. Der Unternehmenswert soll danach bei 350 Millionen Euro gelegen haben. Wieder beteiligt waren Accel sowie Visionaries Club und 20VC aus der vorherigen Runde. Den Löwenanteil übernahm Tiger Global, ein weiterer Großinvestor aus den USA. Auch Tiger Global hat schon in Facebook investiert, weitere illustre Namen auf der Liste sind LinkedIn, Spotify und viele mehr.

© Thies Raetzke: Co-Founder Dr. Christian Königsheim.

Taxdoo auf dem Weg vom Startup zum Mittelständler

Im Dezember 2022 wird es keine weitere Finanzierungsrunde für Taxdoo geben. Zum einen hat es die aktuelle wirtschaftliche Lage für Startups schwieriger gemacht, an Risikokapital zu kommen. Zum anderen ist Taxdoo auch so solide aufgestellt. Krisen wie Corona, Inflation oder Lieferengpässe haben zumindest indirekt Einfluss auf das Geschäft, stellen aber nur ein geringes Risiko dar. So kann sich das Team, das momentan aus rund 160 Mitarbeitern besteht, ohne großen Druck von außen auf den weiteren Ausbau seines Angebots für Onlinehändler und Steuerberatungen konzentrieren.

"Hamburg verfügt über einen internationalen Talentpool und eine Reihe von hilfreichen Hubs und Institutionen, die gut vernetzt sind. Die Szene ist sehr lebendig und hat eine Menge Substanz. Das sind beste Voraussetzungen, um als Startup erfolgreich zu sein!"
Dr. Christian Königsheim, Co-Founder Taxdoo

Der geografische Fokus bleibt dabei auf der EU (plus UK), den Kundenkreis bilden bevorzugt kleine und mittlere Unternehmen, wobei auch ein DAX-Konzern dazugehört. Diese Größenordnung hat Taxdoo noch längst nicht erreicht, aber ein klassisches Startup ist es auch nicht mehr. Gefragt nach seinen wichtigsten Erfahrungen nennt Christian Königsheim unter anderem diese Entwicklung vom Drei-Mann-Projekt zu einem Unternehmen mit internationaler Belegschaft. Wo die Gründer früher alles selbst gemacht haben, beschäftigen sie sich heute überwiegend mit strategischen Fragen und sind längst nicht mehr in alle Fragen des Tagesgeschäfts involviert. Dass dieser Übergang so gut gelungen ist, liegt nicht zuletzt am guten Startup-Klima in Hamburg.


Autor

Startup City Hamburg

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