Zum Hauptinhalt springen
Logo von Startup City Hamburg

Kunststoffschmuck muss keine Sünde sein. Mit Armbändern und Schlüsselanhängern aus alten Fischernetzen lassen sich sogar Delphine schützen und die Meere von gefährlichem Plastikmüll befreien. Das Hamburger Startup Bracenet sammelt mit seinen Partnerorganisationen umhertreibende Fischernetze auf und upcycelt diese zu Lanyards, Hundeleinen oder Brillenketten.

Inzwischen sind es hohe Plastikberge, die aus den Meeren gefischt wurden und eine hübsche Verwendung gefunden haben. Bracenet hat bereits rund 190.000 Metern Netz ein neues Leben verliehen – das entspricht der Länge von insgesamt 8.000 Pottwalen. Geschäftsleiterin Maja Löwedey fügt hinzu: „Wir haben schon über eine Million Produkte verkauft.“

© Maximilian Baier: das Gründungspaar Madeleine von Hohenthal und Benjamin Wenke

Ein Urlaubserlebnis stand am Anfang von Bracenet

Mit ihrem Startup gewann Co-Gründerin Madeleine von Hohenthal in 2021 bei der STARTERiN Hamburg in der Kategorie „Commerce“, nachdem Bracenet ein Jahr zuvor den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Next Economy Award und im Jahr 2019 den Green Product Award errungen hatte.

Auf die Idee mit den Nylonbändern aus Fischernetzen kam das Gründerpaar von Hohenthal und Benjamin Wenke schon 2015 auf einer Urlaubsreise nach Tansania und Sansibar. „Wir sind dort häufig am Strand gewesen, sind viel geschnorchelt und getaucht, und wir haben überall diese Fischernetze gesehen“, erinnert sich Wenke. „In einigen hatten sich Schildkröten verfangen.“ Die beiden wollten etwas dagegen unternehmen. „Wir saßen am Strand, haben gegrübelt und uns irgendwann ein Stück Netz über das Handgelenk gelegt. Da war gleich klar, wir machen Armbänder daraus“, erzählt der 39-jährige Gründer. Den Rest ihres Urlaubs hätten sie damit verbracht, so viele Fischernetze wie möglich einzusammeln und in ihren Rucksäcken mit nach Hamburg zu nehmen.

© Bracenet: Geisternetze gibt es in vielen Farben

Vom Hobby zum erfolgreichen Startup

Zunächst war es ein Hobby. Das Gründungspaar arbeitete anfangs noch in seinen alten Jobs, von Hohenthal als Head of Art Buying bei der Agentur BBDO und Wenke als Head of Marketing bei Bosch. Nach Feierabend knüpften sie Armbänder und Umhänger in ihrer gemeinsamen Wohnung. Da mussten noch solche Fragen geklärt werden, wie beispielsweise: Welcher Kleber eignet sich am besten? Welche Verschlüsse sollte man wählen? Das kostete viel Zeit und Muße.

Richtig durchgestartet ist Bracenet mit einem Großauftrag von der Telekom im Jahr 2017. Danach kamen mehrere Fluggesellschaften, die Schmuckstücke von Bracenet in ihren Bordshops verkauft haben. So wurde Bracenet immer bekannter und erfolgreicher. Finanziert hat sich das Startup stets durch Bootstrapping. Externe Investoren sind nicht an Bord. Mit seinen Erlösen unterstützt Bracenet sogar mehrere NGOs, die für den Umweltschutz aktiv sind. Seit 2015 hat Bracenet bereits über 250.000 Euro gespendet, vor allem an die Meeresschutzgruppen Healthy Seas und Ghost Diving. Die Taucher:innen der beiden Organisationen sind diejenigen, die heute in den Weltmeeren unterwegs sind und die im Wasser treibenden Geisternetze einsammeln. Nach der Bergung werden die Netze zum norwegischen Unternehmen Nofir verschifft, dort gewaschen und selektiert. Bracenet bevorzugt möglichst gut erhaltene Netze mit kräftigen Farben.

© Bracenet: erfolgreiche Jagd nach Geisternetzen

Geisternetze sind tödliche Fallen für Meerestiere

An den Handgelenken der Kund:innen sind es schicke Schmuckstücke. Im Meer aber werden die bunten Netze zur tödlichen Falle für Fische und andere Meerestiere. Einmal darin verheddert, gibt es kaum noch ein Entkommen. Wenke sieht zwei wesentliche Ursachen dafür, dass so viele Fischernetze ihr Endlager im Meer finden. „Wenn die Netze so defekt sind, dass sie nicht mehr geflickt werden können, werden sie einfach über Bord entsorgt, ist ja am einfachsten. Oder, was immer häufiger der Fall ist: Weil sich die Fischbestände durch die Überfischung zurückziehen und sich bei Wracks oder an Riffen verstecken, folgen die Fischer ihnen“, erläutert der Gründer. „Und da ist die Gefahr, mit dem Netz hängen zu bleiben, natürlich um einiges größer. Aus Sicherheitsgründen muss das Netz dann gekappt werden, da das Schiff sonst kentern könnte. Melden tut das natürlich dann kaum einer.“

Geisternetze bleiben lange im Meer, denn der Kunststoff, aus dem sie bestehen, löst sich nicht einfach auf. Nach Einschätzung des WWF verrotten sie erst nach 400 bis 600 Jahren. Sehr langsam werden sie zu immer kleineren Teilen zerrieben. Als sogenanntes Mikroplastik belasten sie die Unterwasserwelt. Fische halten die winzigen Kunststoffpartikel für Nahrung und fressen sie. Und am Ende der Nahrungskette landet der gesundheitsschädliche Müll auf dem Speiseteller der Menschen.   

Nach Schätzungen des Bundesumweltministeriums gelangen jährlich mindestens 25.000 Fischernetze oder Teile davon ins Meer. Eine Studie der niederländischen Universität Utrecht kommt zu dem Ergebnis, dass pro Jahr rund 500.000 Tonnen Plastikmüll in den Ozeanen landen. Knapp die Hälfte davon stammt aus der Fischerei. Die leidet am Ende selbst unter den Schäden ihrer Geisternetze, weil diese die Fischbestände gefährdet.

© Bracenet: eine von viele Versionen des Bracenet-Armbands

In Hamburg schlägt das Herz von Bracenet

Eine Fischereibetrieb in der irischen Bantry Bay hat dies eingesehen und liefert ausgediente Fischernetze zum Upcyceln nach Hamburg. Nahe der Binnenalster basteln die 35 Mitarbeiter:innen von Bracenet daraus türkisgrüne Armbänder mit orangen Streifen für 25 Euro pro Stück. Hundeleinen werden für 69 Euro angeboten. Der Standort Hamburg hat seinen Preis, doch auf Billiglohnproduktionen aus Fernost verzichtet Bracenet.  „Wir haben im Jungfernstieg im alten Kunsthaus im Hinterhof Glück gehabt und ein kleines Atelier vermietet bekommen. In der Nähe zum Wasser entstehen hier unsere Produkte in echter Handarbeit“, sagt Geschäftsleiterin Löwedey. „Seit letztem Jahr unterstützt uns eine weitere Produktion in Porto, Portugal. Das hat sich besonders angeboten, da dort auch unsere Partnerorganisationen aktiv sind da natürlich sehr viel gefischt wird.“

Doch in Hamburg wird nicht nur produziert, sondern auch konzeptioniert, geplant, die Waren verpackt und verkauft. Auf der Homepage von Bracenet sind 15 Händler in Hamburg verzeichnet, die die farbenfrohen Accessoires in ihren Präsenzläden offerieren. Weltweit verkauft Bracenet seine Produkte in 135 Läden sowie über seinen Online-Shop. Dort wird die Produktpalette immer breiter und bunter. Inzwischen gibt es Einkaufsbeutel aus Fischernetzen, die aus der Ostsee geborgen worden sind, Mützen, Sweatshirts und Hoodies mit Bracenet-Aufdruck. Und für die ganz kleinen Kund:innen hat Bracenet ein eigenes Vorlesebuch passend zum Thema herausgegeben: „Luana, die Bonbontüte und das Meer.“

Das quirlige Umfeld in der Hamburger City und das bunte Startup-Ökosystem mit seinen vielen Ideen und Innovationen bieten dem Bracenet-Team eine fruchtbare Ressource für immer wieder neue Produkte. 

„In Hamburg haben wir unseren Firmenstandort gewählt, weil die Stadt eine reiche maritime Tradition besitzt und uns damit inspiriert. Wir haben hier wichtige Stationen in unserem eigenen Leben durchlaufen und sind sehr gut vernetzt. Bracenet strebt danach, die Ozeane zu schützen und Plastikmüll zu reduzieren. Hamburg bietet uns die perfekte Umgebung, um unsere Mission voranzutreiben und ein Bewusstsein für Umweltschutz zu schaffen. Die Nähe zum Wasser und das Engagement der Stadt und Menschen für Nachhaltigkeit passen perfekt zu unseren Werten und Zielen.“
Madeleine von Hohenthal, Co-Gründerin Bracenet

Autor

Startup City Hamburg

Auf Startup City Hamburg findest du Hamburgs inspirierendes Startup-Ökosystem an einem Ort!


Artikel teilen

  • The link to this article has been copied to the clipboard

Immer up-to-date: Abonniere jetzt unseren Newsletter!

Zur Anmeldung