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Die enormen Preissteigerungen in der Industrieproduktion aufgrund der Energiekrise sind gerade ein heiß diskutiertes Thema. Umso wichtiger ist es, andere Kostenfaktoren so gering wie möglich zu halten, beispielsweise Ausfallzeiten wegen Maschinenschäden. Die Disziplin, die das zu verhindern versucht, nennt sich „Predictive Maintenance“. Dank dem Einsatz von künstlicher Intelligenz hat sich das Hamburger Startup ai-omatic solutions hier eine führende Position verschafft.

Welche Kosten ein Maschinenausfall in der Industrieproduktion verursacht, ist unter anderem abhängig von der Unternehmensgröße und der Branche. Pro Stunde kommt da ein fünf- bis sechsstelliger Betrag zusammen, in der Automobilindustrie können es sogar mehr als 20.000 Euro in der Minute sein. Kein Wunder, dass das Interesse an Predictive Maintenance in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Übersetzt bedeutet der Begriff „vorausschauende Instandhaltung“ und bezeichnet einen Wartungsvorgang, der auf der Auswertung von Prozess- und Maschinendaten basiert. Durch Echtzeitverarbeitung von Daten werden Prognosen möglich, die die Grundlage für eine bedarfsgerechte Wartung und folglich die Reduktion von Ausfallzeiten bilden.

© Mathias Jäger/Hamburg Startups: Das Gründungstrio von ai-omatic Dario Ramming, Lena Weirauch und Felix Kraft.

ai-omatic hat ein breit aufgestelltes Gründungsteam

Eine solche Datenauswertung verlangt ein gutes Verständnis von Statistik, ein Fachgebiet, das nicht bei jedem Begeisterung auslöst. Lena Weirauch denkt da anders. Sie hat Wirtschaftswissenschaften und Psychologie studiert und dabei ihre Neigung zum Umgang mit Zahlen und eben zur Statistik entdeckt. Erste Startup-Erfahrungen sammelte sie beim Hamburger Unternehmen Synergeticon, das mit künstlicher Intelligenz (KI) arbeitet, unter anderem bei der Analyse von Bilddaten.

Zu der Zeit ebenfalls bei Synergeticon beschäftigt war der Bioinformatiker Dario Ramming. Die gute Zusammenarbeit von ihm und Lena inspirierte sie dazu, die Gründung eines eigenen Startups anzugehen. Als CEO verantwortet Lena bei ai-omatic vor allem die Bereiche Unternehmensstrategie und Sales, Dario hat die Position des CTO übernommen. Sein Spezialgebiet passt perfekt zum Geschäftsmodell: KI im industriellen Kontext. Das Führungstrio komplettiert CFO Felix Kraft, ein Finanzexperte, der schon mit 18 Jahren zum ersten Mal gegründet hat.

Ein mit unterschiedlichen, sich ergänzenden Kompetenzen ausgestattetes Gründungsteam ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg eines Startups. Und es fing im Entstehungsjahr 2020 auch vielversprechend an mit dem Sieg beim Schleswig-Holstein StartUp Camp. Der Preis war eine Reise zum Accelerator von Plug & Play im Silicon Valley. Die machte Corona dann allerdings vorerst unmöglich. Zumindest blieb nun mehr Zeit, die Software von ai-omatic und das damit verbundene Geschäftsmodell auszufeilen.

© Gerd Altmann/Pixabay

So funktioniert Predictive Maintenance

Bei Predictive Maintenance geht es wie gesagt um die vorzeitige Erkennung von Maschinenschäden und damit Vermeidung von Ausfallzeiten. Die gängigste Methode ist dabei das Aufspüren von Anomalien. Dafür messen Sensoren kontinuierlich während der Produktion Parameter wie Temperatur oder Druck. Wenn die Ergebnisse einen erfahrungsgemäß als normal definierten Bereich verlassen, gibt es eine Warnmeldung. Der Ansatz funktioniert grundsätzlich, kann aber schnell an Grenzen stoßen.

Etwa dann, wenn man Parameter einzeln betrachtet und nicht im Kontext. So können mehrere Werte für sich gesehen zwar im Grenzbereich liegen, aber durchaus noch unproblematisch sein. Im Zusammenspiel jedoch sorgen sie für erhöhtes Risiko und machen ein Einschreiten erforderlich. Je mehr Daten erfasst werden, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, ein Problem schon vor oder ganz am Anfang seiner Entstehung zu erkennen und durch gezielte Maßnahmen zu vermeiden. Allerdings erfordert eine solche Analyse einen erheblichen Aufwand an Zeit und Personal, und beides ist oft nicht in erforderlichem Maße vorhanden.

Deshalb ist es ratsam, einen Großteil der Arbeit einer künstlichen Intelligenz wie der von ai-omatic zu überlassen. Die kann nämlich nicht nur mit sehr großen Datenmengen umgehen, sondern auch die Analyseergebnisse in Handlungsempfehlungen ummünzen. Zumindest in der Theorie. Seine Praxistauglichkeit konnte ai-omatic erstmals 2021 unter Beweis stellen. So erkannte die KI anhand alter Daten Störungen, die tatsächlich eingetreten waren, ohne über diesen Sachverhalt informiert gewesen zu sein. Erste zahlende Kunden ließen sich davon überzeugen, mit ai-omatic Testläufe durchzuführen. Auch in Bezug auf Finanzierungen bewegte sich einiges. Die IFB Innovationsstarter GmbH nahm das Startup in sein InnoFounder-Programm auf und mehrere Business Angels steuerten einen sechsstelligen Betrag bei.

© ai-omatic: Lena Weirauch

Zusammenarbeit statt Konkurrenzdenken bei Hamburger Startups

Nun ist Predictive Maintenance ein Feld, auf dem sich viele Unternehmen bewegen, und selbst in Hamburg ist ai-omatic nicht als einiger Anbieter unterwegs. Ebenfalls mit dem Thema beschäftigt sich PANDA, daher liegt die Vermutung nahe, dass beide Startups sich als Konkurrenten betrachten. Als sie sich näher miteinander beschäftigten, stellten sie jedoch fest, dass sie sich hervorragend ergänzen. PANDA ist mit Hard- und Softwareangeboten auf die Datenerfassung konzentriert, ai-omatics auf die Analyse. So aufgestellt, konnten sie sogar gemeinsame Projekte angehen. Da sich PANDA in einer Phase der Neustrukturierung befindet, haben die gerade keine Priorität, doch besteht weiterhin ein guter Kontakt.

"Die Hamburger Startup-Szene ist sehr familiär, man unterstützt sich, wo es geht. Das gilt für die Startups unter sich und ebenso für die städtischen Initiativen. Dieser Zusammenhalt hat uns bei der Entwicklung von ai-omatic sehr geholfen!"
Lena Weirauch, Gründerin und CEO von ai-omatic.
© ai-omatic: Felix Kraft im Silicon Valley

Die Reise ins Silicon Valley, zweiter Versuch – erfolgreich!

Wir leben in unsicheren Zeiten, die auch so manches Startup vor ernste Herausforderungen stellen. Bei ai-omatic überwiegen im Herbst 2022 aber Optimismus und Aufbruchstimmung. So konnte das Startup Ende September endlich seine Reise ins Sillicon Valley antreten. Bei der 46. Ausgabe des Accelerators von Plug & Play ist es eines von 21 Teams aus aller Welt. CTO Felix nutzte die ersten Wochen für Workshops, Networking und Treffen mit potenziellen Kunden und Investoren. Im November werden Lena und er weitere Zeit dort verbringen und Kontakte intensivieren.

© ai-omatic: das Team von ai-omatic

Eine Reihe von Meilensteinen für ai-omatic

Plug & Play ist nicht das einzige Programm, bei dem ai-omatic einen Platz ergattern konnte. Auch der deutsche Software-Gigant SAP ist auf die Hamburger aufmerksam geworden. Über 100 Startups hatten sich für das SAP.io Industry 4.0 Program beworben, elf haben es geschafft, unter ihnen eben ai-omatic. Die Auftaktveranstaltung fand im Rahmen des Oktoberfests statt. Das fünfmonatige Programm soll zu einer langfristigen Partnerschaft führen, ab 2023 wird die Analysesoftware im SAP-Store zu finden sein.

Das ist noch lange nicht alles, denn ai-omatic gehörte auch zum ersten Batch des AI.STARTUP.HUB, der Hamburger Initiative zur Förderung von KI-Startups. Und auch das Konsortium EIT Manufacturing, ein Zusammenschluss von 50 europäischen Unternehmen, Institutionen und Hochschulen, hat sich engagiert. Es bietet ein Wandeldarlehen in Höhe von 250.000 Euro und ein internationales Netzwerk. Über das verfügt auch der neue Business Angel Hanno Elbrächter, ein Maschinenbauexperte mit besten Verbindungen nach Asien. Insgesamt konnte ai-omatic bisher knapp eine Million an Investments einsammeln. Eine Seed-Runde in doppelter Höhe ist in Planung.

Wann die verkündet werden kann, steht noch nicht fest, ein Datum ist dagegen schon fix: Am 1. November 2022 geht die erste echte Vollversion der Software von ai-omatic live. Beim Start dabei sind mit dem Tiernahrungsproduzenten PetCom und dem Automobilzulieferer REHAU Automotive zwei namenhafte Kunden. Zudem ist mit Microsoft Azure ein starker Vertriebspartner an Bord. Kein Wunder, das bei all diesen Erfolgen CEO Lena Weirauch eine gefragte Speakerin ist, zumal Frauen gerade in ihrer Branche leider immer noch in der Minderheit sind. Um das zu ändern, setzt sich Lena in der Startup-Szene für Gründerinnen ein, zum Beispiel im Rahmen der Female StartAperitivo ACADEMY. Wir werden sicherlich noch viel von ihr und ai-omatic hören.


Autor

Startup City Hamburg

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