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KI-Innovationen haben das Potenzial, die Wirtschaft branchenübergreifend zu revolutionieren und dem Fachkräftemangel effektiv entgegenzuwirken: Die weltweit tätige Unternehmensberatung McKinsey hat aktuell im Rahmen einer Studie ermittelt, dass der globale Markt für generative Künstliche Intelligenz, wie zum Beispiel der Textroboter ChatGPT, Deutschlands Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis 2040 um bis zu 585 Milliarden Euro steigern könnte. Doch das bedeutet leider nicht, dass auch jedes Unternehmen in der Lage ist, die passende KI-Anwendung für die eigenen Zwecke ausfindig zu machen und gewinnbringend einzusetzen. Was es dafür an Vorarbeit, Mindset und passende Umstände braucht, haben wir anhand des KI-gestützten Chatbots „Holly“ von Eurowings Holidays einmal hinterfragt:

Chatbot "Holly

Seit Januar 2024 ist „Holly“ auf der von der HLX Touristik GmbH verwalteten Pauschalreiseplattform Eurowings Holidays im Einsatz. Es ist der erste Online-Reiseberater, der innerhalb kürzester Zeit nicht nur Reiseideen nach individuellen Vorgaben liefert, sondern im gleichen Schritt auch die sofortige Buchung kompletter Pauschalreisen ermöglicht – ein Novum in der deutschen Touristik. Dafür berücksichtigt das KI-Tool im Hintergrund die persönlichen Präferenzen und gleicht sie mit Milliarden von Flug- und Hotel-Kombinationen ab. Interessierte finden dadurch auf dem Portal passgenau auf sie zugeschnittene Reisen, die auch spezielle Sonderwünsche wie Essensvorlieben, sportliche Aktivitäten, Ausflugsideen oder auch körperliche Einschränkungen von Anfang an berücksichtigen. Dabei gilt: Je mehr das digitale Beratungstool über die Wünsche seiner Kund:innen erfährt, desto geringer ist das Risiko eines missglückten Urlaubs. Das KI-Tool bezieht auch Hotelbewertungen mit ein und prüft passende Ausflüge oder Mietwagenangebote sofort auf Verfügbarkeit.

Torsten Ostmeier, CEO von honeepot

Inspirierende Urlaubsplanung mit dem Chatbot

Entwickelt wurde der intelligente Textroboter vom Hamburger Startup honeepot, das im Mai 2023 gegründet wurde. Gründer und CEO von honeepot ist Torsten Ostmeier, der noch bis April 2024 am Förderprogramm AI Accelerator vom AI.STARTUP.HUB teilnimmt. Mitgründer sind Dario Peter und Konrad Gulla, ergänzt wird das Team von fünf Mitarbeiter:innen und sieben bedarfsweise unterstützenden Experten:innen aus diversen unternehmerischen Fachgebieten, die allesamt an der honeepot GmbH über ein VSOP-Programm (Virtual Stock Option Plan) beteiligt sind. Außerdem gibt es bereits zwei Investoren. Das Kernprodukt von honeepot ist die KI-basierte Bot-Anwendung „honeebot“, bei der man den persönlichen individuellen Bedarf dem Unternehmen beschreibt und somit aktiv in den Austausch tritt.

Der Pilotmarkt von honeepot ist die Touristik im deutschsprachigen Raum, grundsätzlich ist das Tool überall einsetzbar, wo Produkte und Dienstleistungen digital zum Kauf oder zur Buchung angeboten werden. „Seit Anfang 2023 entwickeln wir den honeebot by honeepot: ein KI-Beratungstool, das eine persönliche Reiseberatung bieten und die perfekte Reise zusammenstellen kann. honeebot ist die zeitgemäße Weiterentwicklung unseres unter alter Firmierung eingesetzten Onlineformulars“, beschreibt Torsten Ostmeier die Startphase seiner KI-Anwendung. Im November 2023 begann der Test des honeebot mit einer geschlossenen Testgruppe, seit Januar 2024 ist die Anwendung auf der Plattform von Eurowings Holidays live und wird mit den Daten der Reisekund:innen sowie mit Informationen aus einer Hoteldatenbank gefüttert. Das Kostenmodell dahinter ist erfolgsbasiert gestaltet: „Es gibt eine anfängliche Setup-Fee, dann bekommen wir einen CPL (Cost per Lead) sowie einen CPO (Cost per Order), die sich beide ausschließlich an dem Mehrwert orientieren, den das auftraggebende Unternehmen durch den Einsatz unserer Technologie hat“, erklärt Ostmeier.

Carlos Esteve Ferrandis ist Geschäftsführer der HLX Touristik GmbH, die Pauschalreiseplattformen verschiedener Fluggesellschaften betreibt und den auf der honeebot-Technologie basierenden Chatbot „Holly“ für das Portal Eurowings Holidays hat entwickeln lassen. In der Spitze verkauft Eurowings Holidays rund tausend Pauschalreisen pro Tag, dennoch gab es Verbesserungsbedarf: „Wir konnten noch unschlüssigen Interessent:innen auf dem Portal nicht genug Inspiration und Beratung bieten und haben dadurch viele wieder verloren. Wer noch nicht genau wusste, was er wollte, bekam zu wenig Vorschläge und Ideen geliefert. Das konnten nur unsere angestellten Reiseberater:innen leisten, aber denen fehlte die Zeit, um so ausführlich telefonisch zu beraten“, beschreibt Ferrandis die aus seiner Sicht unzureichende Ausgangssituation. Auch die auf dem Portal integrierte Suchmaske konnte nach eigenen Angaben nicht ausreichend personalisierte Ergebnisse liefern. Jedoch mit dem speziell für Eurowings Holidays entwickelten Chatbot „Holly“ kann HLX Touristik laut Ferrandis nun auch Interessent:innen bedienen, die zunächst nur eine vage Urlaubsvorstellung haben. „Wir können inspirieren und mit individuellen Informationen zu einer Entscheidung verhelfen. Zum Beispiel wird als möglicher Urlaubsort dann Mallorca, Kreta und als Geheimtipp Albanien vorgeschlagen“, so Ferrandis. Der ehemalige Dozent für Online-Marketing an der Universität La Salle in Barcelona erklärt außerdem, dass es durch den Einsatz des Bots überraschenderweise auch zu mehr Reisebuchungen auf dem Portal kommt als zuvor nur mit der Suchmaske und ergänzt: „Im Durchschnitt geben die Kund:innen nach der Beratung durch den honeebot sogar mehr Geld für ihre Reise aus, vermutlich weil sie eine konkretere Vision von ihrem geplanten Urlaub erhalten und dadurch klarer definieren können, was sie noch dazu buchen möchten, wie z.B. Meerblick oder Halbpension.“

AI-Anwendung "Holly" bei Eurowings Holiday

Für KI-Projekte stehen alle Türen offen

Dass aktuell sehr viele Unternehmen den Einsatz von KI als nächste Schritt planen, kann Torsten Ostmeier bestätigen: „In Akquisegesprächen hören wir immer wieder: ‚Wir müssen unbedingt was mit KI machen!‘.“ Im weiteren Gespräch zeigt sich nach eigenen Angaben dann jedoch oft, dass die Entscheider:innen sehr geringe Erwartungen haben und ihnen unklar ist, was genau diese Technologie in ihrem Unternehmen bewirken könnte.“ Das Team von honeepot läuft demnach bei seinen potenziellen Kund:innen quasi offene Türen ein, muss aber gleichzeitig noch umfassend aufklären und informieren. „Da ist noch viel Basisarbeit zu leisten, um den Kund:innen näher zu bringen, wie immens das Potenzial ist. Wir setzen KI nur dann ein, wenn sie Sinn stiftet und Mehrwerte schafft. Das klingt banal, aber am Ende ist es nicht innovativ, Chat GPT auf die Webseite zu ballern, nur damit man sich mit dem Ding unterhalten kann. Das Innovative ist ja, was danach entsteht,“ erläutert Torsten Ostmeier das Credo von honeepot.

Für das Portal Eurowings Holidays gab es durchaus gewisse Zielvorstellungen: „Wir haben vor dem honeebot ein spezielles Onlineformular für Kundenwünsche genutzt, das aber nicht mit KI gearbeitet hat. Dabei ging es uns auch schon um die Idee der ‚Kundenrettung‘ und um die Verbesserung der Conversion-Rate. Dabei nun KI einzusetzen, scheint uns wie die natürliche Folge, das war quasi der Booster“, erzählt Carlos Esteve Ferrandis und beschreibt den Ausschlag für die Entscheidung für KI so: „Nachdem Ende 2022 OpenAI die Version GPT-3 veröffentlich hat, haben wir erkannt, wie viel diese Technologie tatsächlich kann und wie schnell sie sich entwickelt. Da wurde uns klar, dass das auch sinnvoll für uns ist und wir jetzt einsteigen müssen.“ Dass gleichzeitig Torsten Ostmeier, mit dem sein Unternehmen schon in der Vergangenheit erfolgreich zusammengearbeitet hat, den KI-betriebenen honeebot vorgestellt hat, wertet er als glücklichen Zufall.

„Das wirklich Innovative ist, was durch den Einsatz von KI entsteht.“
Torsten Ostmeier, Gründer von honeepot

Wie bei jeder noch neuartigen Technologie bedurfte es auch in diesem Fall ein bisschen Fingerspitzengefühl bei der Einführung: Denn nicht alle Mitarbeitenden von HLX Touristik waren sofort Feuer und Flamme für den honeebot, manche befürchteten nach eigenen Angaben eine für sie ungünstige Veränderung ihrer Position oder Aufgaben. Doch darauf hat die Unternehmensführung umsichtig reagiert: „Wir haben zuerst unseren Mitarbeitenden gemeinsam mit honeepot die Arbeitsweise und das Potenzial von KI im Rahmen eines Teamevents vorgestellt, um ein initiales Interesse zu wecken. Danach haben wir einen Workshop mit den Team-Leads jeder Abteilung veranstaltet, dabei konnte sich jeder individuell überlegen, was KI möglichweise für seine Abteilung tun kann. Am Ende haben wir uns für den Marketing-Use-Case auf der Website entschieden. Dabei sehen wir schnellstmöglich, ob sich der Einsatz von KI in Form von mehr Buchungen lohnt und setzen nicht willkürlich KI irgendwo ein, weil man das jetzt eben so machen muss. Die Details und die Entwicklung wurde dann mit den Marketingkollegen koordiniert“, beschreibt Carlos Esteve Ferrandis, wie es gelingen konnte, dass alle am KI-Projekt beteiligten Personen in seinem Unternehmen letztlich an einem Strang ziehen. Er ergänzt auch die rein betriebswirtschaftliche Sichtweise: „Überzeugend für uns ist auch das erfolgsbasierte Kostenmodell von honeepot. Wir haben alle anfallenden Kosten dem zu erwartenden Mehrwert gegenübergestellt und dann entsprechend entschieden.“

„Bei uns durfte sich jede Abteilung individuell überlegen, wie sie durch KI entlastet werden könnte.“
Carlos Esteve Ferrandis, Geschäftsführer der HLX Touristik GmbH

Torsten Ostmeier kann den langfristigen Mehrwert seiner KI-Anwendung mit überzeugenden Zahlen belegen: „Ein typischer Kunde von uns hat 500.000 Visits auf seiner Website, davon benutzen etwa 40 Prozent die Suchfunktion. In der Touristik ist eine Conversion-Rate von deutlich unter 0,5 Prozent üblich und der durchschnittliche Buchungspreis beträgt rund 1.500 Euro. Unser Angebot ist so: Man bietet 20 Prozent von den Personen, die die Suchfunktion nutzen, einen Link auf unseren honeebot für eine persönliche Beratung an. Diesen schicken wir im Anschluss daran hochrelevante und persönliche Angebote, die eine gefühlte Individualität haben. Unsere Conversion-Rate liegt bei mindestens 0,7 Prozent und unsere durchschnittliche Buchungsquote bei 1.750 Euro – also deutlich mehr als zuvor. Das begründet sich in den von uns ausgespielten besseren Angeboten. Im Ergebnis hat unser Kunde also mehr Umsatz ohne zusätzliche Kosten und im Schnitt eine um zehn Prozent bessere Conversion-Rate als zuvor.“ Auf die Frage, was es neben aussagekräftigen Zahlen denn noch braucht, um als KI-Startup sowohl Geldgeber:innen als auch Auftraggeber:innen gleichermaßen zu beeindrucken, hat Torsten Ostmeier gleich mehrere Tipps: „Idealerweise hat man schon ein funktionierendes Geschäftsmodell mit einem Pilotkunden und kann entsprechende Zahlen vorlegen. Überzeugend ist auch ein gutes Team, das Investor:innen das Gefühl vermittelt, dass in allen Unternehmensbereichen kompetente Personen agieren. Die Skalierbarkeit des Produkts ist natürlich enorm wichtig und letztlich ist es immer gut, einen vollständigen Case zu zeigen – wir haben dafür ein Data Warehouse, das uns konkrete Zahlen liefert. Außerdem halte ich es für hochgefährlich, wenn man sich mit seinem Geschäftsmodell komplett abhängig von Open AI und ChatGPT macht. Wenn diese ihr Large Language Modell nicht mehr zur Verfügung stellen, ist man von heute auf morgen erledigt, daher sollte man sich unbedingt auch mit Alternativen befassen – und wir tun das!“


Autor

Startup City Hamburg

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